Kitting, Gerersdorf bei Güssing (Burgenland)

Jetzt, wo allmählich der Herbst ins Land zieht, ist vielleicht eine gute Zeit, ein Gebäude vorzustellen, das ursprünglich dazu diente, Lebensmittelvorräte aufzubewahren. Die sogenannten Kittinge sind für das Südburgenland typische Speicherbauten, die meist freistehend neben den Bauernhäusern angelegt wurden. Das vermutlich am besten erhaltene Beispiel eines solchen Bauwerks findet man heute im Freilichtmuseum Ensemble Gerersdorf bei Güssing. Ursprünglich stand es in Unterschützen (Bezirk Oberwart), wo sich noch eine Reihe weiterer Exemplare aus dem 18. Jahrhundert erhalten haben.

Der 1979/80 ins Museum übertragene Kitting wurde 1765 errichtet – sowohl im Giebelfeld als auch an der Seitenwand ist deutlich sichtbar die entsprechende Jahreszahl angebracht. Er zeigt noch ganz die ursprüngliche Gestalt bis hin zum traditionellen Strohdach. Diese heute nur noch selten erhaltenen Dächer wurden in der Regel so aufgesetzt, dass sie im Brandfall als Ganzes heruntergezogen werden konnten.

Auch wenn man es ihnen nicht auf den ersten Blick ansieht, sind Kittinge eigentlich hölzerne Blockbauten. Allerdings sind die Wände innen wie außen mit Lehm überzogen – oder, um ein anderes Wort zu verwenden, verkittet. Von diesem Lehmkitt leitet sich denn auch der traditionelle Name des Bautyps her. Damit dieser Verputz ordentlich hält, wurden hunderte Holznägel in das Blockwerk eingeschlagen.

Der Lehmputz diente einem ganz praktischen Zweck, nämlich der Isolierung. Er hat aber auch einen kuriosen ästhetischen Effekt, denn er erzeugt weiche, fließende Oberflächen und Linien. So scheint dieser traditionelle landwirtschaftliche Nutzbau fast gewisse Tendenzen der modernen organischen Architektur vorwegzunehmen.

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