Geöffnete Festplatte mit einem Stapel aus fünf magnetisierbaren Scheiben.

Geöffnete Festplatte mit einem Stapel aus fünf magnetisierbaren Scheiben.

Computer

Die Festplatte wird neu erfunden

Andreas Hirstein Gadget
Mit Helium gefüllte Festplatten erreichen ein Speichervolumen von bis zu 10 Terabyte und senken den Energieverbrauch.

Die Speicherkapazität der 1956 erfundenen Festplatten hat sich ähnlich rasant entwickelt wie die Rechenleistung der Mikroprozessoren. In den vergangenen zehn Jahren hat das Entwicklungstempo aber nachgelassen, weil die Hersteller immer näher an die Grenzen des technisch und physikalisch Möglichen stossen.

Ein Problem stellen unter anderem die turbulenten Luftströmungen im Gehäuseinnern dar, die zu Schreib- und Lesefehlern führen. Einen Ausweg zeigen die seit einigen Monaten erhältlichen Festplatten, die mit Helium statt mit Luft gefüllt sind. Das Edelgas hat den Vorteil, dass seine Dichte bei gleichem Druck nur 14 Prozent von Luft ausmacht. Die Turbulenzen üben daher weniger Kräfte auf die mechanisch empfindlichen Bauteile der Festplatte aus.

Festplatten sind Wunderwerke der Feinmechanik. In ihnen rotiert ein Stapel von fünf oder sechs magnetisierbaren Scheiben, die allesamt von Schreib-/Leseköpfen berührungslos abgetastet werden. Die Magnetisierungsrichtung auf den Platten gibt an, ob es sich beim entsprechenden Bit um eine 0 oder eine 1 handelt. Die Rotation der Platten setzt aber auch die Luft im Gehäuse in Bewegung, was die erwähnte Turbulenz verursacht. Zudem entsteht Wärme, die abgeleitet werden muss.

Schon seit den 1960er Jahren versucht die Industrie daher, Helium als Füllgas einzusetzen. Tönt simpel, ist technisch aber enorm schwierig. Denn Helium durchdringt viele Festkörper so einfach wie kaum ein anderes Gas. In der Vakuumtechnik nutzt man das Edelgas daher auch, um undichte Stellen zu lokalisieren.

Herstellern wie Seagate und HGST ist es in den letzten Jahren gelungen, ausreichend dichte Gehäuse herzustellen. Mit Lasern verschweisste Aluminiumgehäuse setzen beide Hersteller ein. Spezielle Herstellungsverfahren erfordern auch die elektrischen Zuleitungen ins Gehäuseinnere.

Die heliumgefüllten Festplatten sind inzwischen im Handel. Sie erreichen Speicherkapazitäten von bis zu 10 Terabyte. Dieser Spitzenwert ist möglich, weil die Magnetplatten wegen der kleineren Turbulenzen dünner sein können. Deswegen passen nun 7 statt nur 5 oder 6 Scheiben in ein Gehäuse. Gleichzeitig sinkt der Energieverbrauch und die Wärmeentwicklung.

Interessant sind die Speicher deshalb für Serverfarmen, die rund um die Uhr in Betrieb sind. Der Video-on-Demand-Anbieter Netflix setzt die neuen Festplatten deshalb bereits ein. Ob sie sich bewähren, wird man aber erst in einigen Jahren wissen. Dann entscheidet sich, ob die Gehäuse wirklich über Jahre hinweg dicht halten.