Stiftsrestaurant zum vierten Mal Pleite

Hinter dem wunderbaren Ambiente des Stiftes Reichersberg verbergen sich wirtschaftliche Probleme
Über dem Innviertler Stift Reichersberg kreiste wieder einmal der Pleitegeier. Von Gerhard Marschall.

„So Gott will“, sagt Karl Reininger, „soll es um Fronleichnam herum eine Eröffnung geben. Ganz schlicht, ohne große Party.“ Gottvertrauen ist auf dem Haus und im konkreten Fall besonders vonnöten. Reininger ist Wirtschaftsdirektor des Stiftes Reichersberg (Bez. Ried), über dem unlängst der Pleitegeier kreiste. Wieder einmal. Das Stiftsrestaurant „Franzl’s“ war in die Insolvenz geschlittert – zum vierten Mal bereits.

Ideale Lage

Dabei wären die Voraussetzungen ideal: Das oberösterreichisch-bayerische Bäderdreieck bringt Gäste zuhauf, ebenso der vielfrequentierte Innradweg; der Gastgarten mit mehr als 200 Plätzen zählt zu den schönsten im Innviertel. Doch eine Reihe von Pächtern hat es bisher nicht verstanden, daraus etwas zu machen. Reininger: „Da muss man schon ganz blöd tun, wenn es so in den Graben geht.“

Stiftsbräustüberl

Jetzt nehmen die Augustiner-Chorherren die Sache selbst in die Hand. „Aufgrund der Erfahrungen wird das Lokal von uns geführt“, sagt Reininger. Zurzeit werden die technischen Anlagen auf neuesten Standard gebracht, mit der Rückkehr zum Namen „Stiftsbräustüberl“ wird Altbewährtes betont. Roland Ebner, zuletzt „Kirchenwirt“ in Andorf, macht den Geschäftsführer und soll ein regionales Gasthaus aufbauen.

Stiftsrestaurant zum vierten Mal Pleite

Karl Reininger kümmert sich um die Aufarbeitung des Finanzdesasters

Das Stift Reichersberg, gegründet 1084, zählt zu den bedeutendsten Barockbauten weitum. Doch die Pracht steht auf einem wackeligen wirtschaftlichen Fundament. Dabei wurde kein anderes Kulturzentrum von der Politik so großherzig bedacht. Drei Landesausstellungen – 1974, 1984 und 2004 – brachten kräftige Subventionen. Die oberösterreichische VP suchte hier bei ihren „Pfingstgesprächen“ lange Zeit Erleuchtung zu Themen der Zeit, bleibt aber seit einigen Jahren aus. Reichersberg ist für die nunmehr türkisen Schwarzen nicht mehr erste Adresse für Einkehr und Weitblick.

Finanzspekulationen

Anfang der2010er-Jahre schlitterte das Stift in massive Turbulenzen. Zuerst als Rentmeister und sodann als Propst, hatte Werner Thanecker versucht, den Schuldenstand mittels Finanzspekulationen abzubauen. Das ging gehörig schief. Andere Stifte halfen solidarisch aus, die Banken mussten Schulden nachlassen, das Stift verkaufte 100 Hektar Wald und wurde unter Kuratel gestellt. Erst 2016 bekam es mit Markus Grasl wieder einen Propst.

Schuldenabbau dauert Jahre

Wirtschaftsdirektor Reininger kümmert sich seit 2017 um die Aufräumarbeiten. Der Schuldenabbau werde sich noch einige Jahre hinziehen, sagt er: „Wir können keine größeren Sprünge machen, sind aber wieder auf gutem Boden.“ Als Stiftsadjutor berät der 59-Jährige den zurzeit aus 15 Mitgliedern bestehenden Konvent in ökonomischen Belangen. Er sieht seine Aufgabe darin, „die Chorherren wieder mit der Wirtschaft zu versöhnen“. Mit gut 350 Hektar Forst, etwa 160 Hektar landwirtschaftlichem Grund und 18 Hektar Weingärten im Burgenland ist das Stift nach wie vor ein respektabler Betrieb.

Sorgenkind Meierhof

Als „riesengroßes Sorgenkind“ bezeichnet Reininger den Meierhof am Ortsrand. Mangels Nutzung verfällt das Gebäude. Die Hoffnung, hier eine Landwirtschaftliche Fachhochschule anzusiedeln, hat sich nicht erfüllt. Den Zuschlag erhielt Wieselburg in Niederösterreich. „Auf wundersame Weise“, ätzt Reininger: „Manche sind halt näher bei Wien.“ Aktuell wird mit potenziellen Bauträgern an einem Nutzungskonzept gearbeitet, einer Mischung aus Wohnungen, Geschäften, Arztpraxis, biologischer Landwirtschaft. Die jetzige 400.000-€-Investition in die Gastronomie bremst laut Reininger die Wachstumsphase, sei aber unausweichlich gewesen. Dank Corona-Förderung komme man „nicht in die Nähe einer kritischen Situation – Gott sei Dank!“

 

 

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