Viktor Juschtschenko
Die dramatische äußerliche Veränderung des ukrainischen Präsidentschaftskandidaten deutet auf eine Vergiftung hin.
Oppositionsführer Viktor Juschtschenko, der sich trotz gegenteiliger offizieller Auszählung zum Sieger der Präsidenten-Stichwahl in der Ukraine ausgerufen hat, beschuldigt die Behörden, ihn vergiftet zu haben. Seine Kritiker behaupten, er habe verdorbenes Sushi gegessen und einfach zu viel Cognac hinterher gekippt. Sicher ist, dass sich Juschtschenkos Äußeres seit Beginn seiner mysteriösen Erkrankung Anfang September dramatisch verändert hat. Offen bleibt, ob die Erkrankungsursache jemals geklärt werden kann.
Bis vor wenigen Monaten wirkte der gut aussehende 50-Jährige fast wie ein Filmstar. Heute ist seine Haut narbenübersät und schimmert grünlich. Sein Gesicht ist geschwollen und teilweise gelähmt. Eines seiner Augen öffnet sich häufig unvermittelt weit.
Rätselhafte Symptome
Zweimal ließ sich der frühere Zentralbankchef und Exministerpräsident seither in einer Privatklinik in Wien behandeln. Die Ärzte dort baten ausländische Experten um Unterstützung, damit festgestellt werden könne, ob seine Symptome von Giften herrühren, wie sie in biologischen Waffen vorkommen.
„Es ist ein Rätsel“, sagt Marc Siegel, Dozent an der medizinischen Fakultät der Universität New York, der den Fall geprüft hat. „Es scheint unwahrscheinlich, dass es eine Lebensmittelvergiftung war, weil schon so viel Zeit verstrichen ist“, erklärt er. Die meisten Formen von Lebensmittelvergiftung seien zeitlich begrenzt. Nach Juschtschenkos zweiter Behandlung in Wien im Oktober sagten Ärzte, sie könnten weder beweisen noch ausschließen, dass er vergiftet worden sei.
Toxikologe vermutet Dioxin als Ursache
John Henry, ein Toxikologe am Imperial College der Universität London, glaubt anhand von Fotografien Juschtschenkos, dieser könne an einer Chlorakne leiden. Chlorakne wird von giftigen Chemikalien hervorgerufen. „Es gibt wirklich nicht viele andere Erklärungen. Als Mann mittleren Alters bekommt man diese schreckliche, akne-ähnliche Krankheit nicht einfach aus heiterem Himmel.“ Eine Behandlung mit Steroiden oder eine Quecksilbervergiftung könnte ähnliche Symptome bewirken, doch deute die grünliche Färbung eher auf eine Dioxinvergiftung hin. Dioxin in einer einzelnen höheren Dosis könne solche Symptome hervorrufen. Wenn es sich um eine Dioxinvergiftung handele, könne diese aber noch lange Zeit nachgewiesen werden.
Juschtschenkos Ärzte in Kiew sagen, „Chemikalien, die nicht von Nahrung herrühren“, hätten die Symptome hervorgerufen. Östereichische Medien berichteten, die Krankenakte des Politikers sei versiegelt der österreichischen Staatsanwaltschaft übergeben worden.
Vielleicht steckt ein Virus dahinter
Der Leiter eines ukraininischen Parlamentsausschusses zur Untersuchung der mysteriösen Erkrankung, Wolodimir Siwkowitsch, sagte jüngst, Gerichtsmediziner hätten keine Spuren biologischer Waffen in Juschtschenkos Blut, seinen Nägeln, Haaren oder dem Urin gefunden. Marc Siegel aus New York vertritt die Theorie, Juschtschenko könnte an einem unbekannten Virus leiden. „Eine Viruserkrankung kann etwas sein, was nie endgültig gefunden wird. Aber wenn es ein Virus ist, müsste es irgendwann besser werden.“
Quelle: AP