NPD

Demaskierte Biedermänner
Dienstag, 19.11.2013 | 21:06
Kriminalität - Rechtsextreme Straftaten auf Rekordniveau
dpa Rechtsextreme bei einem NPD-Aufmarsch
  • FOCUS-online-Redakteur

Die rechtsextreme NPD steht vor ihrem Bundesparteitag am Wochenende kurz vor dem Kollaps. Schuld sind nicht nur die maroden Finanzen, sondern vor allem das bröckelnde Biedermann-Image.

Schlamperei hat die NPD an den Rand des finanziellen Ruins geführt. Nichts mehr als ein „Büroversehen“ soll zu den falschen Angaben im Rechenschaftsbericht des Jahres 2007 geführt haben, wie der „Spiegel“ berichtet. Eine Forderung in Höhe von 2,2 Millionen Euro durch die Bundestagsverwaltung brachte der rechtsextremen Partei das Malheur ein. Soviel Dilettantismus weckt bei manchem Demokraten die Hoffnung, die rechtsextreme Partei könne sich quasi von selbst erledigen und damit jede Diskussion über ein NPD-Verbot erübrigen. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach beschrieb am Donnerstag schon mal sein Wunschszenario: „Am elegantesten wäre es, wenn sich die Partei mangels Masse selber erledigen würde.“

Selbst wenn die aktuelle Finanzkrise das Aus für die Partei bedeutete, das Phänomen wäre damit noch nicht erledigt. Für den Politikwissenschaftler Hajo Funke ist die NPD eine „fanatische Bewegungspartei“. Selbst wenn eine Partei verschwinde, bliebe dennoch die Bewegung übrig. Dass die NPD ein ähnliches Schicksal zeitigt wie die Grauen Panther, die sich in Folge eines Spendenskandals im vergangenen Jahr auflösten, hält Funke für unwahrscheinlich. „Die Grauen hatten gleichzeitig ihre Basis verloren.“ Eine ähnliche Situation kann der Berliner Wissenschaftler für die extreme Rechte nicht feststellen.

Zwischen radikal und pragmatisch

Auf jeden Fall schwächt die desolate Finanzsituation den Bundesvorsitzenden der NPD, Udo Voigt. Er stellt sich am Wochenende auf dem geplanten Bundesparteitag in Berlin zur Wiederwahl. Doch die Chancen seines Gegenkandidaten Udo Pastörs, des NPD-Fraktionsvorsitzenden in Mecklenburg-Vorpommern, sind jetzt gestiegen. Der interne Konflikt geht weit über das Finanzgebaren hinaus. „Das sind keine Flügelkämpfe, sondern es geht um die Taktik, wie man die neonazistische Überzeugung nach außen trägt“, sagt Funke. Pastörs würde der Partei ein radikaleres Antlitz verpassen, er hat weniger Angst vor der Nähe zu radikalen Kameradschaften.

Eckhard Jesse, Extremismusforscher der Technischen Universität Chemnitz, glaubt ebenfalls nicht an die Geschlossenheit der Partei: „In der NPD gibt es wie in jeder Partei ‚Falken’ und ‚Tauben’.“ Angesichts der internen Querelen hält er sogar die Auflösung der NPD und die Gründung einer neuen rechtsextremen Partei für möglich. Dort könnten sich zum Beispiel gemäßigte NPD-Kräfte und die DVU sammeln.

„Nicht stark reden“

Die NPD selbst versucht alles, um den Anschein von Zerstrittenheit zu zerstreuen. Die Presse ist bei den Beratungen des kommenden Bundesparteitages nicht zugelassen. Hitzige Wortgefechte in Wort und Bild kann man in der aktuellen Situation nicht gebrauchen. Eckhard Jesse warnt davor, der NPD und der von ihr zur Schau getragenen Geschlossenheit auf den Leim zu gehen. „Man darf die NPD nicht zu stark reden, sie ist keine geschlossene Partei“, sagt er. Er warnt daher auch vor einem Verbot der Partei, denn das fördere nur eine „Bunkermentalität“ in der Partei. Die Rechtsextremen würden ihre Energie dann nicht mehr gegen interne Feinde einsetzen, sondern gegen den eigentlichen Gegner, den Staat.

Politikwissenschaftler Funke glaubt nicht, dass der politische Wille der demokratischen Parteien vor der Bundestagswahl für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausreicht. Aber er geht davon aus, dass die Wahlergebnisse der NPD wegen der zunehmenden Grabenkämpfe zurückgehen. Die Querelen machten es der Öffentlichkeit immer leichter die wahren, neonazistischen Motive der Partei zu durchschauen: „Die NPD schafft es immer seltener, den Biedermann herauszukehren."

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