Guntersdorf sieht „heilige Kuh der Gemeinden“ in Gefahr

Erstellt am 05. April 2023 | 08:30
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Windräder ohne Einbindung der Gemeinde? Auch wenn es derzeit gar keine entsprechend ausgewiesenen Zonen gibt, soll es inZukunft nicht so weit kommen.
Foto: Sandra Frank
Da die Gemeinde, wenn es um die Errichtung der Windräder geht, künftig ausgehebelt werden könnte, beschloss Guntersdorf eine Resolution gegen die UVP-Novelle.

Der Gemeinderat verabschiedete einstimmig eine Resolution, die sich gegen die UVP-Novelle stellt, die Anfang März – gegen die Stimmen der FPÖ – vom Nationalrat beschlossen wurde.

Die Novelle soll die Umsetzung von Vorhaben der Energiewende beschleunigen. Doch Guntersdorfs Bürgermeister Roland Weber sieht die Reform kritisch, da nun die Gemeinde übergangen werden könnte, wenn etwa Windräder auf Gemeindegebiet errichtet werden sollen. „Windradbetreiber können in Zukunft eine Umweltverträglichkeitsprüfung einleiten, ohne dass die Gemeinde gefragt wird“, erklärte Weber in der Gemeinderatssitzung.

Weber will verhindern, dass Gemeinde übergangen wird

Rechtliche Grundlage dafür seien die Eignungszonen für Windkraftanlagen. Solche gibt es in Guntersdorf nicht. „Wir werden sie auch nicht beantragen“, betont der Bürgermeister. Sollte es jedoch einmal eine entsprechende Zonierung geben, „sind wir als Gemeinde ausgeschaltet“. Dem will er mit der Resolution vorbeugen, auch wenn er weiß, dass sie nichts bringen werde.

„Es geht darum, dass wir uns nicht entmündigen lassen“, erklärte FPÖ-Mandatar Rudolf Grötzer im Gemeinderat.

Für Weber ist klar: Wenn Windkraftanlagen errichtet werden, dann müsse es eine „echte finanzielle Entschädigung für die Bevölkerung“, die sich die Windräder dann täglich anschauen muss, geben. Eine UVP ohne Gemeinde-Mitsprache werde es in Guntersdorf sicher nicht geben. „Sie können die Teile für die Windräder dann über den Luftraum einfliegen lassen, aber sicher nicht über Güterwege der Gemeinde“, zeigt Weber, wie ernst ihm die Sache ist.

Bisher musste der Gemeinderat eine entsprechende Widmung für Windkraftflächen erst beschließen. Dieser wichtige Schritt falle mit der Novelle weg. „Die Flächenwidmung ist die heilige Kuh der Gemeinden. Nur so kannst du eine Gemeinde gestalten“, weiß Weber.

Bürgermeister erwartet fairen Umgang mit Partnern

Der Bürgermeister glaubt zwar nicht, dass es in der Praxis so weit kommen werde, dass die Widmungshoheit der Gemeinde ausgehebelt wird, in der Theorie sei es aber möglich. Genau das versteht der Steuerberater nicht. Der Gesetzgeber müsse mit der Verfahrensmaterie einen fairen Umgang pflegen, meint er. „Ich kann ja auch nicht einen Bescheid ausgeben und schauen, ob jemand bezahlt oder Einspruch erhebt.“

So gehe man nicht miteinander um, „schon gar nicht mit seinem Partner, den Gemeinden“. Derzeit gelte die Novelle und das Aushebeln der Widmungshoheit nur für Windräder, aber: „Wenn das einmal durchgeht, dann ist allen anderen Szenarien Tür und Tor geöffnet“, fürchtet Weber.

Sie können die Teile für die Windräder dann über den Luftraum einfliegen lassen, aber sicher nicht über Güterwege der Gemeinde!“ Roland Weber, Bürgermeister von Guntersdorf

Er hätte gerade von den Grünen, „die immer auf die Verfassung schwören“, nicht erwartet, dass sie hier mitstimmen. Als „hart“ bezeichnet er, dass die ÖVP ebenfalls mitgestimmt habe. Die Resolution geht ans Parlament, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Die NÖN fragte bei ÖVP-Bezirkschef Richard Hogl nach, ob weitere Gemeinden eine solche Resolution verabschieden wollen. „Mir ist bisher nichts bekannt. Auch wir überlegen noch“, sagt der Landtagsabgeordnete über seine eigene Gemeinde Wullersdorf. Er kenne aber die Bedenken der Bürgermeister, der Gemeindebund leiste jedenfalls Widerstand gegen die Novelle.

Zur UVP-Novelle:

  • Die Novelle des Umweltverträglichkeits-Prüfungs-Gesetzes wurde vom Nationalrat beschlossen.
  • Der ÖVP-Gemeindebund spricht von einem „noch nie da gewesenen Eingriff in die Gemeindeautonomie“, den er mit allen juristischen Mitteln bekämpfen werde.
  • Mit dem Paragrafen 4a habe der Gesetzgeber die Raumordnungskompetenz der Gemeinden bei der Errichtung von Windkraftanlagen ausgehebelt.
  • Ohne entsprechende Flächenwidmung sollen nun Windräder genehmigt und errichtet werden können.