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Ein Gipfel der Religionsgeschichte unter Meereshöhe Auf dem Berg der Seligpreisungen in Israel

Es gibt Berge, die verdienen den Namen Berg gar nicht, weil sie eher Hügel, aber trotzdem in aller Munde sind. Dazu gehört auch der „Berg der Seligpreisungen“ in Israel. Er ist einer der Höhepunkte in der Geschichte von Jesus und dem Neuen Testament. Hier hat Jesus der Bibel nach die berühmte Bergpredigt an die Menschen gerichtet – und das ist nicht die einzige Besonderheit des Ortes:

Von: Georg Bayerle

Stand: 08.04.2023 | Archiv

Ein Gipfel der Religionsgeschichte unter Meereshöhe | Bild: BR; Georg Bayerle

Der Berg der Seligpreisungen ist nämlich nur minus 25 Meter hoch, also ein Gipfel, der unter Meereshöhe liegt, auch wenn das gar nicht spürbar ist. Denn auch unter dem Meeresspiegel ist die Aussicht herrlich, wenn man in der Höhe ist. Knapp 200 Meter erhebt sich dieser Gipfel der Religionsgeschichte über den See Genezareth, der rund doppelt so groß wie der Chiemsee ist.

Bootssteg am Ufer

Am Ufer des See Genezareth liegt das kleine Taghba mit der Brotvermehrungskirche an jenem biblischen Ort, an dem die Urgeschichte des Teilens spielt. Jetzt teilen wir die Erfahrungen der Landschaft und ihrer besonderen biblischen Geschichte zwischen der Bergregion und dem See Genezareth. Am Tag zuvor sind wir den alten Weg durchs Wadi Qelt nach Jericho gewandert - von der Hochfläche der Judäischen Wüste hinunter in den Jordangraben, der sich als afrikanischer Grabenbruch quer durch den halben Kontinent zieht. Es sind tiefgreifende geologische Formationen, die ihre kraftvolle eruptive Geschichte in den Feldern voller Basaltbrocken zeigen. Nach dem flirrenden Ockergelb der Wüste sind wir empfindsam geworden: sanft und grünblau der See, lieblich die grüne frühlingshafte Landschaft voller Vogelgezwitscher, kantig und dunkel die Lavabrocken. Die geologischen Kräfte wirken bin in die Worte hinein: „Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt“, heißt es in der Bergpredigt. Sie beschreibt den „Richtgeist“, der den Splitter in des Bruders Auge sieht, aber nicht den Balken im eigenen Auge.

In allen Sprachen

Der Ort dieser berühmten Verkündigung zieht Menschen aus aller Welt an. „Unaussprechlich“ findet es eine Frau, die zu einer Gruppe lateinamerikanisch-stämmiger Leute aus Houston gehört. Sie fühle sich vom Glück begünstigt und würde sich wünschen, dass alle hierherkämen, um diese Landschaft Jesu kennenzulernen, ergänzt eine andere. „Hier ist der Ort der Seligpreisungen. Es ist der Moment, in dem mich Jesus auf dem Weg begleitet, auch in Schwierigkeiten und Besorgnis“, erklärt der Priester, der eine Pilgergruppe begleitet.

Jesus Boat auf dem See

Ein einfacher Wanderweg führt von Tagba über den Berg der Seligpreisungen hinunter nach Kaparnaum, der Ausgrabungsstätte mit einem antiken Hafen. Einst sind sie von hier auf den See Genezareth hinausgefahren. Heute schippern alten Holzschiffen nachgebaute „Jesus Boats“ die Besucher über den See. Kein Wunder, dass mitten auf dem Wasser noch eine eindrückliche Szene aus der Bibel lebendig wird: Ob es gelingen könnte, wie Jesus übers Wasser zu gehen? Schaden kann es jedenfalls nicht, denn zumindest zum Schwimmen eignet sich dieser tiefste Süßwassersee der Erde bestens. Von der Seeoberfläche auf minus 212 Metern haben wir noch einmal einen schönen Blick auf den Berg der Seligpreisungen und auf die grüne, sanfte Landschaft Galiläas, in die eine der berühmtesten Geschichten der Welt eingeschrieben ist.


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