Kostenwein und Tiwald im Interview: „Dorfcharakter“ bleibt Stotzing

Erstellt am 10. Dezember 2021 | 04:00
Lesezeit: 4 Min
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr
440_0008_8248104_eis49wagi_stotzing.jpg
Übergabe. Wolfgang Kostenwein (li.) dankt nach 19 Jahren ab und übergibt an Nachfolger Thomas Tiwald.
Foto: zVg Gemeinde
Werbung
Anzeige
Stotzings Alt-Bürgermeister Wolfgang Kostenwein und Nachfolger Thomas Tiwald (beide ÖVP) im Doppelinterview.

Welche Projekte, die Sie umsetzen konnten, machen Sie besonders stolz?

Wolfgang Kostenwein: In den letzten 19 Jahren haben wir einiges umgesetzt. Zum Beispiel haben wir mit der Nachmittagsbetreuung eine wichtige Maßnahme für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie umgesetzt. Auch haben wir einen Kinderspielplatz gebaut und die Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt. Trotz geringer Finanzkraft haben wir das gut über die Bühne gebracht. Wie, das weiß ich bis heute nicht – gebetet haben wir jedenfalls viel.

Wie kamen Sie mit der beruflichen Doppelbelastung klar? Sie sind ja auch im Team von Nationalrat Christoph Zarits.

Kostenwein: Zeitlich bedeutet eine berufliche Doppelbelastung natürlich eine enorme Herausforderung. Mit Christoph Zarits hatte ich Gott sei Dank einen verständnisvollen Chef, sodass weder die Gemeindearbeit noch die Tätigkeit als parlamentarischer Mitarbeiter gelitten hat. Die Aufgaben waren zeitlich immer gut eingeteilt.

Wie hat sich Stotzing verändert in den letzten 19 Jahren?

Kostenwein: In meiner ersten Periode haben wir den Wohnungsbau umgesetzt. Das sind sehr gefragte, idyllisch gelegene Wohnungen und wir konnten sowohl die Jungen im Ort behalten, als auch Zuzug spüren. Trotzdem ist der Ort überschaubar geblieben, das war mir immer wichtig. Bei einem Wachsen auf Teufel komm raus würde ja auch die bestehende Infrastruktur bald an ihre Grenzen stoßen. Ich bin davon überzeugt, dass die neuen Kräfte, den Ort gut in Richtung Zukunft leiten.

Als neuer Bürgermeister treten Sie in große politische Fußstapfen. Wie planen Sie den Ort weiterzuführen?

Thomas Tiwald: Ich möchte mir Ziele setzen, die ich auch erfüllen kann. Zunächst muss ich mich einarbeiten, in dem einen Jahr bis zur Wahl kann ich nicht alles umsetzen, was ich vorhabe. Wichtig ist für mich, den 30er auf den Gemeindestraßen einzuführen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und den mittlerweile unübersichtlichen Schilderwald zu bereinigen. Der Spielplatz soll modernisiert werden. Ich lege viel Wert auf ein gepflegtes Ortsbild und denke daran, Baumpatenschaften zu ermöglichen. Ein kontrolliertes Wachstum des Dorfes ist mir auch wichtig.

Wie machen Sie das mit der beruflichen Mehrfachbelastung?

Tiwald: Das ist sicherlich eine große zeitliche Herausforderung. Meine Sprechstunde habe ich nach Dienstende in der Wirtschaftsagentur Burgenland GmbH angesetzt. Aber durch meinen Job ergeben sich sehr viele Kontakte, die ich für das Bürgermeisteramt nutzen kann. Und am Wochenende ist es schwer, mich nicht zu treffen.

Sind Sie Mitglied bei Vereinen? Wo trifft man Sie in Stotzing?

Tiwald: Ich bin seit 15 Jahren Ratsvikar in der Pfarre tätig und schon sehr lange Mitglied im Tennisverein. Durch meine Kinder bin ich auch zur Faschingsgilde Loretto hinzugekommen. Dadurch treffe ich oft Leute aus den Nachbardörfern. Mit Loretto pflegen wir eine gute Zusammenarbeit, das gefällt mir sehr.

Die Kirche von Stotzing ist ähnlich schön, wie jene in Loretto, steht aber ein wenig im Schatten der Basilika, oder?

Tiwald : Die Wallfahrter kommen zum sehr großen Teil in die Basilika Loretto, aber auch unsere Kirche kann auf eine sehr spannende Geschichte zurückblicken. Ich persönlich erinnere mich sehr gerne an die beiden Festakte zur Sanierung der Fassade und die 300-Jahrefeier zur Auffindung der Muttergottes zurück. Das waren sehr schöne Erinnerungen an eine Zeit, wo ich einst als Ministrant in der Kirche gestanden bin und dann als Ratsvikar all die Priester begrüßen durfte, die in Stotzing gewirkt haben.

Viele Menschen wollen von der Stadt aufs Land. Rechnen Sie auch in Stotzing mit Zuwachs?

Tiwald : In anderen Gemeinden, die näher an Ballungszentren liegen, ist das sicherlich schwieriger. Wie das bei uns sein wird, kann ich schwer sagen.

Kostenwein: Aufgrund einer sehr guten Verkehrsanbindung nach Wien zieht es die Städter verstärkt aufs Land. Die infrastrukturellen Möglichkeiten in Stotzing sind aber begrenzt.

Im Bezirksvergleich sind die Grundstückspreise in Stotzing relativ gering geblieben. Woran könnte das liegen?

Tiwald : Das ist subjektiv. Für uns als Gemeinde ist es schwer Grundstücke zu kaufen und aufzuschließen. Das wird definitiv eine Herausforderung in den nächsten Jahren.

Wenn sich der Zuzug außerhalb des Orts in neuen Siedlungen ansiedelt, wie kann der Ortskern dann lebendig bleiben?

Tiwald : Ich vergleiche das immer mit einem Baum: Der Baum wächst und bekommt mehr Ringe. Aber wenn der Stamm morsch wird, zerfällt früher oder später der ganze Baum. Die Frage, die wir uns stellen müssen wird sein, ob wir den Ortskern so, wie er ist, erhalten wollen. Oder ob private Bauträger kommen und den Kern mit Wohnungsbauten vollpflastern. Stotzing soll ein Ort mit Dorfcharakter bleiben.

Der neue Bikertreff läuft gut. Sollte sich Stotzing als Biker- und Rad-Dorf positionieren?

Tiwald : Das Créneno im ehemaligen Wirtshaus ist sehr innovativ, es gibt auch noch einen großen Saal, was mittlerweile zur Seltenheit geworden ist. Die Umlandgemeinden schauen schon langsam neidisch auf uns, weil wir im Zentrum noch ein Wirtshaus haben.