Buddeln, graben und vermessen: Forscher und Studierende haben bei den aktuellen Grabungen rund um den Burgstallkogel bereits zahlreiche Reste von Grabbeigaben zutage gebracht.

Foto: UMJ/Lackner

Bronzemaske und -hände aus dem 6. Jh. vor Christus sind die berühmtesten Funde der südsteirischen Begräbnisstätte.

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Die üppig grüne Hügellandschaft um das südsteirische Örtchen Großklein präsentiert sich an diesem prächtigen Hochsommertag in kitschverdächtiger Lieblichkeit. Kaum vorstellbar, dass hier intensiv geforscht wird. Beim Wandern durch den märchenhaften Buchenwald in Richtung Burgstallkogel trifft man dieser Tage immer wieder auf vorsichtig im Waldboden grabende und schabende Nachwuchsarchäologen. Sie suchen nach den Relikten jener Menschen, die hier vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren lebten.

Noch weiß man wenig von dieser eisenzeitlichen Gesellschaft, die von 800 bis etwa 550 vor Christus im Gebiet der Südsteiermark über das östliche Slowenien und südwestliche Ungarn bis nach Nordkroatien siedelte. Was war das für ein Volk? Wie lebte es? Warum und wann genau hat es seine Siedlungen aufgelassen? Dass man von diesen Menschen heute überhaupt weiß, ist ihren rund 700 noch erhaltenen Hügelgräbern zu verdanken, die sich auf etwa 800 Hektar um den Burgstallkogel bei Großklein verteilen.

Die Wissenschaft wurde auf sie schon im 19. Jahrhundert aufmerksam, da die Bauern der Gegend bei der Feld- und Waldarbeit immer wieder alte Keramik- und Metallteile zutage förderten und diese an das damalige Museum Joanneum in Graz verkauften. Unter diesen Zufallsfunden befanden sich auch die berühmte Bronzemaske sowie die beiden Bronzehände aus Kleinklein, die aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus stammen. 1881 hat man mit der systematischen Erforschung der südsteirischen Nekropole begonnen, was viele weitere Funde - etwa einen Brustpanzer oder reich verzierte Bronze- und Keramikgefäße - zur Folge hatte.

Feuerbestattung

Die bis vor wenigen Jahren ungeahnten Möglichkeiten der neuen Prospektionstechnologien haben 2010 zu einer Wiederaufnahme der Forschungsarbeiten an der wichtigsten hallstattzeitlichen Fundstelle der Steiermark unter der Leitung des Universalmuseums Joanneum in Kooperation mit dem Institut für Archäologie der Universität Graz sowie der Marktgemeinde Großklein geführt. "Das Gräberfeld von Großklein ist nicht nur wegen seiner reichen Grabbeigaben einzigartig, sondern auch aufgrund seiner beträchtlichen Größe und des guten Erhaltungszustands", erläutert Marko Mele, Projektleiter und Chefkurator der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung des Universalmuseums Joanneum.

Im Rahmen der diesjährigen Grabung haben Forscher und Studierende bereits zahlreiche verzierte Keramikbruchstücke, die metallene Nadel einer Fibel sowie eine Glasperle gefunden. Ob Letztere auf eine frühe lokale Glasproduktion hinweist, wird noch zu klären sein. Ein besonders spannender Fund ist ein mit Asche gefülltes Keramikgefäß, das auf Bestattungsrituale der frühen Siedler schließen lässt: "Typisch für die gesamte Nekropole ist die Brandbestattung unter einem Grabhügel", erklärt der Archäologe.

Meist wurde unter einem Grabhügel nur eine Person bestattet, in einigen größeren Hügeln konnten die Forscher aber auch Mehrfachbestattungen nachweisen. Oft hat man die Asche des Verstorbenen mit kleinen Beigaben in einer Keramikurne bestattet, die in einer mit Steinplatten abgedeckten Grube beigesetzt wurde. Bei anderen, vermutlich später angelegten Gräbern hat man sich die Grube erspart und die Brandfläche nur mehr mit einem Hügel überdeckt. Um sämtliche Gräber zu finden, bedienen sich die Archäologen heute diverser Hightechmethoden wie etwa Lidar-Scans (Light detection and ranging).

Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur Vermessung atmosphärischer Parameter wie beispielsweise Druck, Temperatur oder Feuchte mittels Laserstrahlen. Mithilfe dieser Daten können die Forscher auf dem Computer dichte Wälder verschwinden lassen, um die überwachsenen Spuren der möglicherweise im Boden verborgenen archäologischen Schätze freizulegen.

Mit Hightech und Zufall

Daneben werden auch Luftbilder erstellt und geomagnetische Vermessungen durchgeführt. Manchmal mischt neben diesen Hightechverfahren aber auch der gute alte Zufall bei der Entdeckung neuer Gräber mit. So geschehen im vergangenen Winter, als der Sturm vier Bäume umgerissen und damit einige Funde freigelegt hat. Die Grabungen heuer im Sommer werden zeigen, ob die erhofften Siedlungsreste aus der Hallstattzeit tatsächlich gefunden werden.

Glücksgriffe im Boden um Großklein erhoffen sich nicht nur Archäologen, sondern auch "Raubgräber", die im Lauf der Jahrhunderte bereits beträchtlichen Schaden angerichtet und viele Grabhügel zerstört haben. "Leider fehlen uns die Mittel, um die Grabungsstätten zu beaufsichtigen" , bedauert Marko Mele. Dass die Funde der Zufalls- und Hobbyarchäologen letztlich immer im Museum landeten, darf jedenfalls bezweifelt werden. (Doris Griesser, DER STANDARD, 24.7.2013)