Der Geldregen, der über das Rathaus von Hartberg niederging, ist längst versiegt. Heute klafft ein tiefes Loch in der Stadtkassa, die Stadtpolitik und die Bürgermeisterpartei ÖVP sind entzweit.

Foto: Willfried Gredler-Oxenbauer

Hartberg – Es muss für die Stadtoberhäupter ein prickelndes Gefühl gewesen sein – wie in Dagoberts Geldspeicher zu schwimmen. Vor zehn Jahren hatten die Politiker der oststeirischen Stadt Hartberg plötzlich Geld wie Heu. Also, nicht sie persönlich, aber mit dem Verkauf der örtlichen Sparkasse hatte die Stadt mit einem Schlage fast 65 Millionen Euro in der Kassa. Bei einem Budget von etwas mehr als 20 Millionen Euro ein Batzen Geld in dieser strukturell ohnehin schwer benachteiligten Agrarregion.

Vom Geldsegen ist heute nichts mehr vorhanden, im Gegenteil: Die Stadt ist pleite. Die Millionen wurden in den Kasinos der Finanzspekulanten verspielt oder in diversen Bauprojekten versenkt wie einer Tiefgarage. Die Finanzaufsicht des Landes nimmt jetzt die Gebarung der Stadt genau unter die Lupe, Grünen-Stadtrat Christoph Wallner schickt in Kürze eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft, um zu prüfen, "ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist". Wie das Budget ist mittlerweile auch die Stadtpolitik zerrüttet. Die Opposition macht den Langzeitbürgermeister Karl Pack (ÖVP) verantwortlich. Er gebärde sich als Ortskaiser, lasse keine Kritik zu, auch nicht bei den Finanzen, sagt der Grüne Wallner. Er ist im Hauptberuf Vermögensberater und Wirtschaftsjurist.

Vertrauen erschüttert

Das Finanzdesaster hat nun sogar die seit Jahrzehnten regierende ÖVP entzweit. Finanzstadtrat Ludwig Robitschko wollte das Budget nicht mehr mittragen, stimmte dagegen und wurde dafür kurzerhand von Pack abgesetzt. Das Vertrauen in ihn sei erschüttert, sagt der Bürgermeister. Als Konsequenz solidarisierten sich weitere ÖVP-Gemeindepolitiker mit dem geschassten Stadtrat und zogen erbost aus dem VP-Klub aus. Sie bilden nun eine Opposition innerhalb der ÖVP.

Das Dilemma begann 2006, als die Stadt ihre Sparkasse um fast 65 Millionen Euro verkaufte. Danach brach ein regelrechter Bauboom in Hartberg aus. Stadtgebäude und Straßen wurden saniert, Großprojekte wie eine Tiefgarage finanziert. Statt etwas auf die hohe Kante zu legen, erlag die damalige Stadtregierung unter Pack der Verlockung, einen Gutteil des Geldes mit hochspekulativen Papieren zu vermehren.

Was anfangs auch funktionierte, doch dann kam der Absturz, und Hartberg blutete. 2014 kam die Wahrheit auf den Tisch. Der Topf war leergeräumt, im Budget klaffte ein Loch von 1,2 Millionen Euro. "Natürlich habe ich auch Fehler gemacht", sagt Pack, der jetzt, am Ende seiner politischen Laufbahn, vor einem Scherbenhaufen sitzt.

Auch Fußballklub liegt finanziell flach

Dennoch: Der Bürgermeister findet, die Opposition und auch sein "Nicht-mehr-ganz-Parteifreund" Robitschko sehen allzu schwarz. Man sei bei den Spekulationsverlusten "eh glimpflich" davongekommen. "Wir haben ja mit dem Geld auch Werte geschaffen. Natürlich gibt es einen Reform- und Einsparungsbedarf. Aber es stimmt einfach nicht, dass wir ein Liquiditätsproblem haben", sagt Pack. Er glaubt, Robitschko wolle nur seinen Sessel. "Blödsinn, das Budget ist völlig aus dem Ruder gelaufen, der Bürgermeister versucht jetzt mit Entnahmen aus Tochterbetrieben, Grundstücksverkäufen und Auflösungen letzter Rücklagen das Budget über die Runden zu bringen. Das konnte ich einfach nicht mehr mittragen", sagt Robitschko.

Und da ist noch der Fußballverein der Stadt, der finanziell ebenfalls flachliegt. Und den die Stadt trotz Geldknappheit jetzt "großzügigst saniert", sagt Wallner. Kein Wunder: Pack sei der Präsident des Sportvereins. (Walter Müller, 12.4.2016)