Grafenwörth – In Verbindung mit Grundstücksdeals des bisherigen Gemeindebund-Chefs Alfred Riedl (ÖVP) in seiner Heimatgemeinde Grafenwörth (Bezirk Tulln), wo er Bürgermeister ist, beantragt Greenpeace vom Land Niederösterreich die Herausgabe aller Gutachten zum Bauprojekt Sonnenweiher. Die Umweltorganisation forderte am Freitag in einer Aussendung "rasche und transparente Aufklärung". Verwiesen wurde in dem Schreiben an das Land auf das Umweltinformationsgesetz.

Am Foliensee Sonnenweiher in Grafenwörth sollen 207 neue Häuser entstehen.

Greenpeace gehe es konkret um jene Gutachten des Landes, die den Bau des Projekts ermöglicht haben, wurde hinsichtlich des Schreibens an das Amt der NÖ Landesregierung vom Freitag mitgeteilt. "Megabauprojekte wie das Mini-Dubai in Grafenwörth befeuern die Bodenzerstörung und damit auch die Klimakrise", sagte Bodenschutzexpertin Olivia Herzog. "Das Land Niederösterreich schreibt die Raumordnungsgesetze und muss Projekte etwa hinsichtlich Bodenverbrauchs, Klimawandelanpassung und Wassermanagements prüfen." Herzog bezeichnete es als "schleierhaft, wie ein Projekt, das aus raumplanerischer und ökologischer Sicht aus dem letzten Jahrhundert stammt, einfach durchgewinkt wurde".

Grundstücksverkäufe werden geprüft

Gefordert wurde auch Aufklärung rund um mutmaßlich verschobene Siedlungsgrenzen für das Projekt mit mehr als 200 Häusern um einen Foliensee in Grafenwörth. "Wenn hier mutwillig wichtige Bodenschutzmaßnahmen ausgehebelt wurden, um Lokalfürsten einen Gefallen zu tun, dann sollten wir ernsthaft über die Raumordnungskompetenzen der Länder reden", meinte Herzog.

Beantragt wird in dem Schreiben, "alle Berichte, Analysen, Gutachten, Informationen, Bescheide und raumordnungsrechtliche Instrumentarien (Rechtsakte), die im Zusammenhang mit den Umwidmungen und dem Bauprojekt des Sonnenweihers in Grafenwörth stehen, vollständig und in elektronisch durchsuchbarer Form zu übermitteln". In Zusammenhang mit weiteren Deals von Riedl wurde außerdem eine Liste aller Grundstücksankäufe sowie Immobilienverkäufe der WET-Gruppe im Zeitraum von Jänner 2017 bis Juni 2023 beantragt.

Grüne und Neos fordern Rücktritt

Die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer hat Riedl am Freitag zum Rücktritt aufgefordert. Die neuesten Enthüllungen in Verbindung mit Grundstücksdeals des Gemeindebund-Chefs hätten das Bild verdichtet, betonte Voglauer in einer Aussendung. Auch die Neos NÖ forderten den Rücktritt Riedls.

"Herr Riedl ist sich selbst am nächsten. An das Wohl der Bürger:innen denkt er – wenn überhaupt – erst an zweiter Stelle." Mit den Worten, das sei eines Bürgermeisters "unwürdig" und ebenso eines Gemeindebunds, forderte Voglauer Riedl zum Rücktritt auf. "Es entsteht der Eindruck, als hätte Alfred Riedl nur die eigene Profitmaximierung vor Augen", so die Grüne. Damit schade er dem Ansehen der Bürgermeister über alle Parteigrenzen hinweg.

"Jetzt ist klar, dass Riedl sein Insiderwissen als Bürgermeister und das Vertrauen der Menschen über Jahre missbraucht hat", meinte Indra Collini, Landessprecherin der Neos NÖ, in einer Aussendung. Das Ausmaß der Immobilienspekulation von Riedl zeichne "ein Sittenbild der ÖVP-Landespolitik, das unmoralisch und erschreckend ist". Die Pinke verlangte den sofortigen Rücktritt Riedls. Collini forderte weiters die Landesregierung auf, "für maximale Transparenz zu sorgen und alle Dokumente und Gutachten in der Causa Riedl offenzulegen". Der ÖVP-Politiker hatte nach Rücktrittsaufforderungen am Dienstag sein Amt als Gemeindebund-Präsident ruhend gestellt. Riedl soll laut Medienberichten mit Grundstücksverkäufen insgesamt mehr als eine Million Euro verdient haben. (APA, 28.07.2023)