Einst gab es in Bad Fischau Wasser wie Sand am Meer. Jetzt wurde ein Becken des Bades zum Sandstrand umgebaut.

Foto: Gemeinde Bad Fischau

Okay, man hätte sich bessere Tage aussuchen können, um der Trockenheit in Österreich nachzuspüren. Der Regen hat gerade nachgelassen, es nieselt noch ein wenig, als Reinhard Knobloch, Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Bad Fischau, durch das menschenleere Thermalbad seines Ortes führt. "Es ist eine Tragödie", sagt er. Er meint nicht das Wasser, das von oben, sondern jenes, das von unten kommt. Oder genauer: nicht kommt.

Seit Hunderten von Jahren füllen drei Quellen das Fischauer Thermalbad. In dieser Saison reicht das Wasser aber nur für eines der beiden Becken. Knobloch zeigt auf ein Loch in der Steinwand. "Da ist früher das Wasser mit so einer Wucht herausgesprudelt, dass es dir fast die Badehose runtergerissen hat", erinnert sich der ÖVP-Bürgermeister. Heute hängen an dem Ausfluss nur ein paar Regentropfen. Zwei der Fischauer Quellen sind komplett versiegt, die dritte führt nur wenig Wasser. "Das hat es noch nie gegeben", sagt Knobloch. Er muss nicht lange überlegen, woran das liegt.

Vor allem Ostösterreich betroffen

In den letzten Monaten war es in Österreich ungewöhnlich trocken. In den vergangenen 163 Jahren brachten März und April nur drei Mal weniger Niederschlag als heuer, meldete die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) kürzlich. Betroffen ist vor allem Ostösterreich: Dort droht der Neusiedler See langsam auszutrocknen, die sogenannten Schotterbecken um Wiener Neustadt – eigentlich beliebte Badeorte – werden ihrem Namen derzeit besonders gerecht: Es sind Becken mit Schotter, ohne Wasser. Müssen wir uns in Zeiten des Klimawandels an solche Bilder gewöhnen?

Derzeit mangelt es vor allem südlich und östlich des Wiener Beckens an Grundwasser, sagt Martin Angelmaier, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes Niederösterreich. Dass der Pegel schwankt, sei eigentlich völlig gewöhnlich. Aber aktuell notieren die Wasserstände eher am unteren Ende der Bandbreite von dem, was als normal gilt. Rund um Wiener Neustadt war der Pegel etwa zuletzt Mitte der 1980er-Jahre so niedrig wie heute.

Mehr Regen, dafür stark

Die Wasserstände sind immer ein Ergebnis der Witterungszustände der letzten Monate und Jahre, erklärt Angelmaier. Fällt weniger Regen, wirkt sich das mittelfristig auch auf den Grundwasserpegel aus. Besonders die Winterniederschläge haben in den vergangenen Jahren gefehlt.

Laut den Prognosen des Weltklimarats (IPCC) wird Österreich in Zukunft zwar etwas mehr Niederschlag abbekommen, Grund zum Durchatmen ist das allerdings nicht. "Am besten für das Grundwasser wäre dieser typische Landregen, wo es tagelang leicht nieselt", sagt Angelmaier. Doch den wird es in Zukunft immer seltener geben. Stattdessen werden sich längere Trockenphasen mit extremen Regenfällen abwechseln. Der Boden kann das viele Wasser aber nicht aufnehmen, die Grundwasserpegel sinken weiter.

Wassernetze verzahnen

Zumindest für die nächsten Jahrzehnte muss man sich aber keine Sorgen machen, dass kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt. Denn Österreich nutzt derzeit nur einen kleinen Teil des Wassers, das sich stetig nachbildet. Weil es in einzelnen Gebieten in Zukunft aber trockener wird als in anderen, sind Wasserversorger gerade dabei, ihre Netze stärker zu verzahnen. Die gerade in Bau befindliche, 24 Kilometer lange Waldviertel-Leitung, die Zwettl mit Krems verbindet, ist nur ein Beispiel.

Das Wasser für die meisten Thermen kommt hingegen häufig aus tieferen Schichten, viele Tausend Meter unter der Erdoberfläche. Diese Millionen Jahre alten Reservoirs sind von der Witterung unbeeinflusst.

Finanziell schwierig

Entlang der sogenannten Thermenlinie, zu der neben Bad Fischau auch Baden und Bad Vöslau gehören, entspringen die Quellen allerdings viel höher – und sind deshalb anfälliger für Trockenheit. Ein geologisches Gutachten soll nun klären, warum das Wasser genau in Bad Fischau ausbleibt.

Auch ohne Gutachten weiß Bürgermeister Knobloch, dass die Saison "finanziell ganz schwierig" wird. Das Gemeindebad musste wegen des kleineren Angebots die Preise senken und lässt auch weniger Gäste zu. Denn da auch die dritte Quelle schwächelt, wird das Wasser im Becken nur alle elf statt alle vier Stunden ausgetauscht. "Wenn da an einem heißen Augustwochenende 1500 Leute baden, kippt uns das Wasser", sagt Knobloch. Früher, als noch alle Quellen sprudelten, reichte eine Reinigung pro Woche aus. Jetzt muss das Personal zweimal wöchentlich Algen und Schmutz wegkärchern.

Lieber warten als Alu

Weniger Eintritt, weniger Gäste, mehr Arbeit – auf Dauer kann das nicht gutgehen. Natürlich könnte man in Bad Fischau Alubecken einziehen, das Wasser chloren und wiederaufbereiten, ein normales Freibad daraus machen. Bad Vöslau hat bereits teilweise umgestellt.

"Aber das wäre der Tod unseres Bades", sagt Knobloch. So ein Metallbecken kommt ihm nicht ins Bad – lieber wartet er noch fünf Jahre auf das Wasser. Dabei geht es nicht nur um den Charme, sondern auch um Kosten: Ein neues Becken, Filteranlagen und Wartung würden Millionen verschlingen. Das Wasser hingegen kommt kostenlos – wenn es kommt. (Philip Pramer, 27.5.2022)