Das letzte Beatles-Bild: Am 22. August 1969 schoss Ethan Russell in Ascot dieses Foto, das dann für einen Sampler namens „Hey Jude“ verwendet wurde.
Pop

Zum „neuen“ Song der Beatles: Eine Pop-Geschichte der Vermächtnisse

Ein „letzter neuer Song“ der Beatles ist zu Allerseelen erschienen. Wie geisterhaft ist das denn? Über Kellerbänder und Yoko Ono, Software und falsche Duette.

The end. He’s lost“, schrieb Patti Smith 1979 über das damals frisch erschienene Album „An American Prayer“: „But he is not silent.“ Andere Rezensenten raunten von einer „Stimme aus dem Grab“ oder munkelten: Lebt er doch? Es war die Stimme des 1971 unter mysteriösen Umständen gestorbenen Jim Morrison. Er sah sich stets vor allem als Dichter, publizierte seine Gedichte in kleinen Editionen und sprach sie auf Tonband. Es heißt, er habe sich gewünscht, der Komponist Lalo Schifrin würde sie vertonen. Doch die Musiker seiner Band, The Doors, setzten sich über den Wunsch hinweg und taten, was sie zu Morrisons Lebzeiten getan hatten: Sie begleiteten seine Texte.

Das war damals unerhört: Ja, von den – damals noch wenigen – Verstorbenen des Rock wurden hinterlassene, oft inferiore Aufnahmen publiziert, etwa von Jimi Hendrix. Aber die Stimme eines Toten arrangieren? Bei „An American Prayer“ passte es. Wohl auch, weil Morrisons Texte ohnehin todesnah waren. „We live, we die & death not ends it“, heißt es da etwa. Oder: „Death makes angels of us all & gives us wings, smooth as raven’s claws.“ Er hat sich seinen eigenen Nachruf geschrieben, murmelten Empfindsame, und seine Doors haben ihn vertont.

Entsprechendes kann man über das nun als „letzter neuer Beatles-Song“ verkaufte John-Lennon-Stück nicht sagen. Es ist, bei allem Respekt vor Lennon, ein sehr schlichtes Liebeslied. Eines der vielen Lieder, die er, nach exzessiven Eheferien zu Yoko Ono zurückgekehrt, für diese schrieb. Die reuig, fast unterwürfig klingen. Yoko Ono mochte das offenbar. Auf dem gemeinsam im letzten Jahr vor Lennons Tod aufgenommenen Album „Double Fantasy“ antwortete sie etwa auf sein ängstliches „I’m Losing You“ mit dem geradezu verächtlichen „I’m Moving On“. Er war ihr davongelaufen – nach Los Angeles, mit ihrer Sekretärin –, jetzt drohte sie ihm davonzulaufen. Oder hörte zufrieden zu, wenn er sich in „Cleanup Time“ als Hausmann schilderte: „Die Königin ist im Kontor und zählt Geld“, heißt es darin, „der König ist in der Küche und macht Brot und Honig.“ Ein paar Monate später war der König tot, am 8. Dezember 1980 erschossen von einem irren Fan.

Versöhnungsgeste

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