G-20-Gipfeltreffen in Seoul :
Mit Geschick und Chuzpe

Patrick Welter
Ein Kommentar von Patrick Welter
Lesezeit: 2 Min.
Geschickt haben die Amerikaner den G-20-Staaten wieder das Thema vorgegeben. Diesmal aber stoßen sie auf offenen Widerstand aus Deutschland, Japan, China und den Schwellenländern. Hinter der Kritik an den globalen Ungleichgewichten geht es letztlich darum, Nachfrage in die Vereinigten Staaten umzuleiten.

Geschickt haben die Vereinigten Staaten dem Gipfeltreffen der G-20-Staaten wieder das Thema vorgegeben. Offener Druck zum Abbau sogenannter globaler Ungleichgewichte, ein paar Hinweise auf Obergrenzen für Leistungsbilanzüberschüsse in den Vorbereitungstreffen, und schon bleibt den anderen G-20-Staaten wieder nichts anderes übrig, als die amerikanischen Vorstöße als Gipfelagenda zu schlucken. Man kann vor der Art und Weise, wie die Vereinigten Staaten die G20 für ihre Ziele einspannen, nur den Hut ziehen.

Während die Amerikaner ihre Macht demonstrieren, werten die Chinesen geschmeidig und passend zum Gipfeltreffen den Renminbi ein wenig auf, um zu harter Kritik an ihrer Wechselkursbindung zu entgehen. Und die Europäer? Es bleibt wie so oft der Eindruck, dass wichtige Länder wie Deutschland doch wieder nur auf die amerikanischen Ansinnen reagieren.

Kritik mit Hintergedanken

Im Unterschied zu früheren Treffen aber stoßen die Vereinigten Staaten diesmal auf offenen Widerstand, aus Deutschland, aus Japan, aus China und anderen Schwellenländern. Die Exportüberschussländer wehren sich gegen das dem keynesianischen Denken verhaftete Ansinnen der Amerikaner, letztlich Nachfrage in die Vereinigten Staaten umzuleiten. Nichts anderes verbirgt sich hinter dem Gerede von globalen Ungleichgewichten, die es im Interesse der Weltwirtschaft abzubauen gelte. Einen Teil der Kritik an der Regierung in Washington hat dabei - zum Teil ungerechtfertigt - der Vorsitzende der Federal Reserve, Ben Bernanke, für seine zusätzliche Flutung der Wirtschaft mit Dollar abbekommen. Die Position der Überschussländer gegen Amerika schwächt freilich, dass sie sich auf die These der globalen Ungleichgewichte eingelassen haben.

dpa

Die Amerikaner selbst haben die von ihnen gesetzte Agenda lange nicht abgearbeitet, sosehr sie andere Länder vorführen. Finanzminister Timothy Geithner nimmt für sich gern eine Führungsrolle in Anspruch, weil die Vereinigten Staaten beim Abbau globaler Ungleichgewichte schon gut vorankämen. Tatsächlich ist die Sparquote der privaten Haushalte gestiegen. Doch die Regierung hat mit diesem Umschwung im Konsumverhalten wenig zu tun, zumindest nicht im positiven Sinne.

Die Amerikaner sparen mehr, weil sie ihre oft überschuldeten Haushalte in Ordnung bringen müssen und auch aus Sorge vor der rasant steigenden Staatsschuld. Geithner zeigt Chuzpe, wenn er dieses staatliche Versagen indirekt als positiven Beitrag zur Weltwirtschaft würdigt.