Das beste Stück: Von Wienern und Frankfurtern
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Dieses Paar sind Frankfurter Würstchen.
Dieses Paar sind Frankfurter Würstchen.

FRANKFURT Egal, ob es sich um die deutsche Bratwurst, die Currywurst, Bock- und Knackwürste oder den Hot Dog handelt: Würste sind in vielen Ländern der Welt bekannt und als Snack beliebt. Hergestellt werden sie sehr unterschiedlich, auch ihre Zubereitung ist variantenreich. Zum Inbegriff deutscher Wurst gehören die Frankfurter Würstchen.

Von Irene Krauß

Diese sind meist etwas länger und dünner als die übliche Bockwurst. Die Begriffe Frankfurter und Wiener gehen recht willkürlich durcheinander. Die Verwirrung wird komplett, da es außerhalb Frankfurts Würstchen Frankfurter Art gibt, wohingegen im Ausland ohnehin so ziemlich jede Brühwurst als Frankfurter bekannt ist.


Dass Frankfurter und Wiener Würstchen eine Fast-Food-Errungenschaft des 20. Jahrhunderts sind, ist ebenfalls ein weitverbreiteter Irrtum. Beide bereichern den Speiseplan schon lange und haben historische Tiefe. Das gilt vor allem für die Frankfurter Würstchen, die der Frankfurter Stadtchronist Achilles August Lersner (1662 bis 1732) bereits für das Jahr 1487 erwähnt. Hergestellt wurde die geräucherte Spezialität seit jeher im Frankfurter „Worschtquartier“, dem Bezirk zwischen Dom und Römerberg, wo alle Metzger traditionsgemäß ihr Handwerk ausübten. Von ihrem Verkaufsstand aus, im Volksmund „Schirn“ genannt, verkauften sie ihre Ware. Außerhalb dieses Gebiets durfte keiner ein Geschäft führen.

Schon 1562 könnten die Frankfurter Würstchen hoffähig geworden sein. Jedenfalls berichten Chroniken von der Krönung Kaiser Maximilians II., bei der die Obrigkeit Bratwürste spendierte. Noch fehlt allerdings der endgültige Beweis dafür, ob es sich hierbei um geräucherte Frankfurter Würste gehandelt hat. Um die Begriffe zu klären: Die etwas irreführende Bezeichnung Bratwurst war bis Ende des 19. Jahrhunderts ein gängiger Begriff für eine Fleischfüllung ähnlich dem Mett – dem Brät oder Brat – und hat nichts mit Braten im heutigen Sinne zu tun (althochdt. brato = Fleisch ohne Speck und Knochen).

Das erste bekannte verbindliche Rezept zu den Frankfurter Würstchen, das bis heute Gültigkeit hat, findet sich 1749 in einem Buch mit dem etwas umständlichen Titel „Aufrichtige und bewährte Nachrichten von allem sinnlichen Koch- und Backwerk“. Über den feinen Geschmack des geräucherten Frankfurter Würstchens aus kleingehacktem Schweinefleisch – so ist da zu lesen – entscheide vor allem die Würzung mit Muskatnuss und Muskatblüte, Salz, Pfeffer, Thymian, Majoran oder Koriander. Als sicher gilt also, dass die Würstchen ausschließlich Schweinefleisch enthielten, da die Frankfurter Metzger bis zur Einführung der Gewerbefreiheit im Jahr 1864 immer nur eine Sorte Fleisch verarbeiten durften.

Eigenes Reinheitsgebot

Im späten 19. Jahrhundert erhielten die „Frankfurter“ durch die Verwendung strapazierfähiger Schafsaitlinge aus Persien und Afghanistan anstelle der bis dahin verwendeten dickeren Schweinedärme ein neues Gesicht, genauer gesagt ihre heutige schlanke, lange Form. Fleischwolf und Kutter machten das Fleischbrät zudem feiner.

Damit von ausländischen Wurstlieferanten nicht einfach jede Brühwurst als Frankfurter bezeichnet werden konnte, wurde bereits frühzeitig der Staat hinzugezogen. 1860 schützten die Behörden Traditionswürste deutschlandweit als geographische Herkunftsbezeichnung. 1929 legte das Berliner Kammergericht nach und bestimmte endgültig, dass es sich beim Namen Frankfurter um eine geographische Herkunftsbezeichnung und keinesfalls nur um einen Gattungsbegriff handele. Demnach dürfen in Deutschland Brühwürstchen nur dann als Original Frankfurter Würstchen bezeichnet werden, wenn sie aus dem Wirtschaftsraum Frankfurt a.M. stammen. Diese Würstchen müssen nach dem entsprechenden Reinheitsgebot aus reinem, mageren Schweinefleisch bestehen und werden in Naturdärme, meist vom Schaf, abgefüllt. Ihr Durchmesser sollte höchstens 24mm betragen; die Länge zwischen 18 bis 20cm. Die Frankfurter werden über Buchenholz kalt geräuchert und anschließend gebrüht.
Die Autorin
Irene Krauß war Leiterin des Museums der Brotkultur in Ulm. Seit 1995 arbeitet sie als freiberufliche Kunsthistorikerin, Publizistin und Buchautorin.
Nationale Anbieter außerhalb Frankfurts sprechen hingegen bei ihren Produkten von Würstchen Frankfurter Art. In Österreich und der Schweiz bezeichnet der Begriff Frankfurter dagegen meist die Sorte Wurst, die man in Deutschland unter Wiener Würstchen kennt.

Wer ist wer

Die Verwirrung scheint perfekt. Und damit wären wir bei den Wienerle, die dem Original immer wieder den ersten Platz unter den deutschen Würsten streitig machten. Kurioserweise sollen die besagten Wiener Würstchen ausgerechnet von einem Frankfurter Metzger namens Johann Georg Lahner erfunden worden sein. 1805 hob der emigrierte Lahner in Wien ohne Zunftaufsicht eine Wurstsorte aus zerkleinertem Schweine- und Rindfleisch aus dem Wurstkessel und nannte sie Frankfurter. Anders als in Frankfurt durften die Fleischhauer in Wien nämlich eine Mischung von Rind- und Schweinefleisch verwenden. Das österreichische Appetit-Lexikon aus dem Jahr 1894 erwähnt Lahner hingegen nicht, sondern schreibt: „Frankfurter Würstchen aus gehacktem Schweinefleisch in fingerstarken Hammeldärmen sind eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts, die um 1840 aus Süddeutschland nach Wien kam.“ Populär waren diese Würstchen offenbar, denn in einem 1868 erschienenen Wiener Roman ist von „Würstl mit Kren“ die Rede.

Diese im Ausland als Wiener bezeichneten Würste wurden nach und nach weltberühmt. In Österreich kennt sie jedoch keiner unter diesem Namen – sie heißen auch hier Frankfurter. In Österreich sollten Touristen deshalb auch immer eine Frankfurter und keine Wiener bestellen, denn sonst erhalten sie eine Art Aufschnitt-Wurst.

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