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Jungfernzeugung: Mariechens Enkel
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Johann Kirchhauser Bild 3/10 - In der Eihülle ist der Hai-Embryo deutlich zu sehen. Er ist durch Jungfernzeugung entstanden – wie inzwischen so viel anderer Nachwuchs im Vivarium des Naturkundemuseums Karlsruhe.
Johann Kirchhauser Bild 5/10 - Die neue Hai-Mutter Elli Anfang 2010 – damals war sie die Sensation: das jungferngezeugte Hai-Baby. Inzwischen hat sie selbst Nachwuchs bekommen, ebenfalls ohne Beteiligung eines Männchens.
Bambushai, Jungfernzeugung
Kirchhauser, SMNK Bild 6/10 - Anfang August geschlüpft und eine Sensation: Bambushaibaby Annabell ist Produkt einer Jungfernzeugung. Genau wie ihre Mutter Elli, die ebenfalls schon keinen Vater hatte.
Kirchhauser, SMNK Bild 8/10 - Bambushai Annabell (im Vordergrund) teilt sich ein Aquarium mit ihrer Oma Mariechen – und dem Ei, aus dem bald ihre Schwester schlüpfen wird (im Hintergrund)
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  • FOCUS-online-Redakteurin

Männchen brauchen die Haie im Naturkundemuseum in Karlsruhe nicht, dort schlüpft ein jungferngezeugter Hai nach dem anderen. Jetzt schwimmt der weltweit erste Hai-Halbklon dritter Generation im Becken.

Eine Überlebensstrategie der Natur: Falls Haie in den unendlichen Weiten der Weltmeere über Jahre keinem Artgenossen begegnen, können die Weibchen bestimmter Arten trotzdem Nachwuchs bekommen – ganz ohne Beteiligung eines Männchens. Dieser Trick ist vermutlich uralt, wurde aber erst vor wenigen Jahren entdeckt.

Der Zoo von Omaha in Nebraska erlebte eine Sensation: Dort wurde 2001 ein Schaufelnasen-Hammerhai geboren, der aus einem unbefruchteten Ei herangewachsen war. Wissenschaftler analysierten das Erbgut des Tieres und dokumentierten so den ersten Fall eingeschlechtlicher Fortpflanzung bei einem Hai. Die Nachricht ging um die Welt, vor allem Forscher und Betreiber von Großaquarien waren begeistert.

Vermuteter Spermienspeicher


Im Karlsruher Naturkundemuseum legte die Bambushaidame „Mariechen“ unterdessen regelmäßig Eier, an die 100 im Jahr. Die meisten der hornartigen, durchsichtigen, etwa zehn Zentimeter großen Eier verdarben, der Dotter zerfloss. Hin und wieder – in den vergangenen acht Jahren insgesamt 17-mal – entwickelte sich aber ein Embryo, und es schlüpfte ein Babyhai.

„Wir fanden das ungewöhnlich, aber nicht unerklärlich“, sagt der Leiter des Vivariums, Johann Kirchhauser. Der Biologe kontaktierte regelmäßig Haispezialisten in aller Welt. Diese erklärten, dass „Mariechen“ wohl Spermien aus der Zeit gespeichert habe, bevor sie in das Vivarium in Karlsruhe gebracht wurde.

Jungfernzeugung setzt sich beim Nachwuchs fort


Als aber zwei weitere Fälle wie der im Zoo von Omaha auftauchten, mochte Kirchhauser beim nächsten heranwachsenden Embryo nicht mehr so recht an die Theorie der verschleppten Spermien glauben. Als im September 2009 abermals ein Babyhai schlüpfte, wollte es der Biologe ganz genau wissen: „Mariechen hatte damals seit 13 Jahren keinen Kontakt zu einem männlichen Hai. Es kam mir sehr unwahrscheinlich vor, dass sie noch immer Spermien gespeichert haben sollte.“ Kirchhauser ließ die DNS von Mutter und Baby von Experten in der Zoologischen Staatssammlung untersuchen. Das Ergebnis war eindeutig. Die DNS stimmte so stark überein, dass die Beteiligung eines Männchens ausgeschlossen werden konnte.

Elli, so der Name des Haibabys, wurde zum weltweit vierten Fall einer dokumentierten Jungfernzeugung beim Hai – und dem ersten in Europa. Inzwischen legt auch Elli regelmäßig Eier. Wie bei ihrer Mutter verderben die meisten. Doch zwei entwickelten sich prächtig. Aus einem schlüpfte vor Kurzem wiederum ein Babyhai, auf den zweiten warten die Biologen des Karlsruher Vivariums. Die Mutter Elli hatte nie Kontakt zu einem männlichen Hai. Wie sie selbst ist ihr Nachwuchs jungferngezeugt. Oma Mariechen, Mutter Elli und Enkelin Annabell besitzen die gleichen Gene, geringfügig durcheinander gewürfelt. „Unsere Haie sind keine Klone wie das Schaf Dolly. In den Genen findet eine Rekombination statt, das heißt, dass ein bisschen Abweichung da ist. Die Töchter sind mit den Müttern nicht komplett identisch, sie haben unterschiedliche Muster und Farben“, erklärt Petra Nikolay vom Naturkundemuseum Karlsruhe.

Allein die Bambushaidame Mariechen hat inzwischen 17 Junge bekommen – viele der Tiere wurden getestet, sie alle sind Halbklone ihrer Mutter. „Das ist eine fröhliche Zucht bei uns“, sagt Nikolay. Wenn man nur auf das Vivarium in Karlsruhe schaut, entstehe leicht ein falscher Eindruck: „Andere freuen sich, wenn sie überhaupt Nachwuchs im Haifischbecken haben. Jungfernzeugung bei Haien ist und bleibt eine Seltenheit.“
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