Ölberg

Der Ölberg zählt neben dem Tempelberg und dem Berg Zion zu den berühmtesten Hügeln Jerusalem s. Er erhebt sich direkt neben dem Tempelberg, der vom Ölberg durch das Kidrontal getrennt ist. Vom Ölberg hat man eine herrliche Aussicht auf Jerusalems Altstadt mit dem Tempelberg und dem golden überkuppelten Felsendom .


Video vom Ölberg mit Sicht auf Jerusalems Altstadt - © STERN TOURS

Jerusalem Ölberg mit Getsemani-Kirche

Der Name Ölberg verweist auf die Olivenhaine am Fuße des Berges, die sich in historischer Zeit über den ganzen Berg erstreckten. Der hebräische Name „Har Hasetim“ und der arabische Name „Gebel az-Zaitun“ bedeuten übersetzt „Olivenberg“.

Kidrontal

Zwischen dem Tempelberg mit seinen Moscheen und dem Ölberg liegt das Kidrontal (Qidrontal, hebr. „Nahal Qidron“, arab. „Wadi al-Dschoz“). Es handelt sich geographisch gesehen um einen kleinen Abschnitt eines alten Wadis, das von Norden nach Süden durch Jerusalem läuft und sich in der Landschaft der Wüste Juda fortsetzt. In der Talsohle des Wadis sammelt sich im Winterhalbjahr das Regenwasser der umliegenden Hügel und fließt in Richtung Totes Meer ab. Im Sommerhalbjahr ist das Wadi trocken. Das Kidrontal gilt nach jüdischem Glauben als Ort des Jüngsten Gerichtes.

Seit Jahrtausenden wurden im Kidrontal Gräber angelegt, zum Teil in den anstehenden Fels geschlagen. Die größten und bedeutendsten Felsgräber vornehmer und reicher Jerusalemer Bürger stammen aus hellenistischer Zeit und frührömischer Kaiserzeit, das heißt aus den letzten drei Jahrhunderten v. Chr. bis ins erste Jahrhundert n. Chr. Einen Höhepunkt erreichte die Grabbaukunst Jerusalems unter Herodes , in dessen Regierungszeit ein wirtschaftlicher Aufschwung fiel und verschwenderisch-prunkvolle Bauten populär waren. Die Felsanlagen stehen in derselben Tradition wie jene berühmten Monumentalgräber aus Petra. Es wurde die Frontalarchitektur komplett aus dem Fels gehauen; dahinter oder darunter befindet sich die jeweilige Grabgrotte. Von kleinen Stollen bis zu großen Prunkgräbern mit Schächten und Kammern entwickelten sich in Palästina und im ganzen Nahen Osten unterschiedliche neue Formen der Felsgrabanlagen. Oft entstanden ganze Katakomben.

Bei den Gräbern des Kidrontals fallen jene des Abschalom und Zacharias aus dem Rahmen, weil der Fels um sie herum komplett abgeschlagen wurde und die massiven Grabkultbauten daher freistehend erhalten sind. Beim sogenannten „Grab des Abschalom“ (auch unter dem Namen Jehosaphatgrab bekannt, 1. Jahrhundert v. Chr.) wurde der massive Kubus (rund 6 mal 6 Meter) aus dem Fels geschlagen und anschließend mit einem kegelförmigen Dach bekrönt. An den Seiten des steinwürfelartigen Baus sind reliefartige Halbsäulen herausgearbeitet. Die namensgebende Zuweisung beruht auf einem historischen Missverständnis, nach welchem es sich um Grab des Davidsohnes Abschalom handeln solle. Tatsächlich stammt das Grab aus späthellenistischer Zeit. Dahinter wurden in die anstehenden Felswände des Berges Katakomben mit insgesamt acht großen und mehreren kleinen Kammern geschlagen. Sie gehören zur Grabanlage des Joschafat (Jehosaphat) aus dem 1. Jahrhundert v. Chr.

Ebenfalls in Form eines Steinkubus (hier rund 5 mal 5 Meter) ist das sogenannte „Grab des Zacharias“ gestaltet. Das pyramidenförmige Dach ist komplett aus dem Felsen geschlagen. Mit dem biblischen Zacharias, dem Vater Johannes des Täufers, hat das Grab allerdings wenig zu tun. Der eigentliche Grabherr ist unbekannt.

Links neben dem Zachariasgrab befindet sich die Grabgrotte einer Priesterfamilie namens Beni Hesir aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Die Anlage besticht durch die schöne Front mit zwei sauber herausgearbeiteten Säulen und Architrav.

Kirche der Nationen (Getsemani-Kirche)

An prominenter Stelle am Hang des Ölbergs mit Sicht auf den Tempelberg steht die sogenannte Kirche der Nationen. Sie besticht schon von außen durch ihr großes farbenprächtiges Frontmosaik im Giebelbereich. Nach dem Ersten Weltkrieg hatten Christen aus verschiedenen Ländern Spenden für den Bau einer neuen Kirche am Hang des Ölberges gesammelt. Die römisch-katholische Kirche wurde 1924 von Kunsthandwerken aus verschiedenen Ländern fertig gestellt, und zwar an jener Stelle, an der einst eine Basilika des byzantinischen Kaisers Theodosius aus dem 4. Jahrhundert stand. Die turmlose Kirche wird auch Todesangstbasilika genannt. An dieser Stelle, im Garten Getsemani, soll Jesus angesichts seines Schicksals an einem Felsen in Todesangst gebetet haben und von einem Engel zum Durchhalten ermutigt worden sein (Lukas 22: 41-44). Von den Katholiken wird deshalb die Kirche offiziell „Basilica Agoniae Domini“ (lat. für „Basilika der Agonie des Herrn“) genannt. Der Begriff Basilika trifft die Architekturform genau, denn die Kirche ist im Stil einer spätantiken dreischiffigen Basilika errichtet worden. Die zwölf Kuppeln des Daches, die in der Frontansicht durch das Giebelwerk verdeckt und daher nur von der Seite zu sehen sind, stehen für die zwölf Apostel, aber auch für die zwölf Länder aus denen die umfangreichen Spenden und Kunsthandwerker kamen (USA, Deutschland, Kanada, Belgien, England, Spanien, Frankreich, Italien, Mexiko, Chile, Brasilien, Argentinien).

Der Beinname Getsemani-Kirche verweist auf die Lage des Gotteshauses im Garten Getsemani. Der Garten ist durch seine vielen Olivenbäume charakterisiert. „Getsemani“ ist eine verkürzte Aussprache von „Gat Schmanim“, dem hebräischen Wort für „Ölpresse“. Der Olivengarten ist auch namensgebend für den Ölberg. Oberhalb des Olivengartens Getsemani steht die russisch-orthodoxe Maria-Magdalena-Kirche.

Maria-Magalena-Kirche

Das russisch-orthodoxe Pendant zur Kirche der Nationen ist die Maria-Magdalena-Kirche, die sich weiter oberhalb am Hang erhebt. Sie ist 1885 auf Geheiß des Zaren Alexander III. im russischen Architekturstil errichtet worden und von sieben goldenen Zwiebelkuppeln bekrönt. Der Name der Kirche verweist auf die Heilige Maria Magdalena, die dem römischen Kaiser Tiberius die Nachricht von der Auferstehung Jesu überbrachte. Maria Magdalena war Namenspatronin der Zarenmutter Maria Alexandrowna. In der Krypta der Kirche ist die Schwester der letzten russischen Zarin bestattet.

Dominus-Flevit-Kirche

Die kleine Franziskanerkirche steht am oberen Hang des Ölberges. Von der Kirche hat man eine atemberaubende Aussicht auf den Tempelberg und die Jerusalemer Altstadt. Der Name der Kirche, Dominus flevit (lat. für „der Herr weint“) spiegelt sich in der Architektur wieder. Die Kuppel des im Grundriss quadratischen Kirchenbaus imitiert die Form einer großen Träne. Die Kirche ist recht neu: Sie wurde erst 1955 errichtet, steht allerdings auf den Fundamenten eines wesentlich älteren Klosterkirchenbaus aus dem 5. Jahrhundert. Bei archäologischen Ausgrabungen auf diesem Gelände wurden Funde aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. geborgen.

Prophetengräber und Aussichtsplattform

Neben einem jüdischen Friedhof befindet sich die Aussichtsplattform, die von Touristen wegen des Fotoblicks auf Jerusalem gern besucht wird. In unmittelbarer Nähe steht eine byzantinische Grabanlage mit Schiebestollen für frühchristliche Bestattungen. Auf diesem Gelände sollen auch die drei großen Propheten aus der Zeit nach dem babylonischen Exil, Haggai, Sacharja (Zacharias) und Maleachi bestattet worden sein.

Weitere Kirchen auf dem Ölberg

Auf dem Gelände des Ölbergs befinden sich noch weitere Kirchen, darunter die katholische Vaterunser-Kirche (Pater-Noster-Kirche), die auf den Grundmauern der alten Eleona-Kirche aus spätrömisch-byzantinischer Zeit (erbaut im 4. Jahrhundert, zerstört von den Persern im Jahr 614) errichtet wurde, und die evangelische Himmelfahrtskirche, die vom deutschen Kaiser Wilhelm II. und seiner Gemahlin gestiftet und auf dem höchsten Punkt des Ölbergs errichtet wurde.

Autor dieses Artikels:

M.Hüneburg