Jacques Callot (1592) - Die Versuchung des Heiligen Antonius

Die Versuchung des Heiligen Antonius

Jacques Callot (1592)

Maße:
H 35.8cm B 46.7cm 
Jahr:
1635
Ort:
nicht ausgestellt

Beschreibung

Seit dem frühen Mittelalter animierten die Versuchungen des Heiligen Antonius Abbas Künstler zu ihren fantastischsten - und schauerlichsten - Bilderfindungen. Antonius gilt als die bedeutendste Gestalt des frühchristlichen Mönchtums, da er über 70 Jahre seines Lebens als Eremit in der Einöde gelebt hatte. Seine zahlreichen Anfechtungen durch den Teufel, denen er sich siegreich widersetzte, galten den Gläubigen stets als Vorbild für die eigene Standhaftigkeit gegen die unzähligen Versuchungen durch das Böse. Die 1635 entstandene Radierung Jacques Callots zeigt die Versuchungsszene des Heiligen als grandioses Spektakel, das in einer groß angelegten Komposition aus vielen Einzelszenen eine Bilderbuchlandschaft des Grauens vor Augen führt: Der Heilige tritt - kaum erkennbar - aus dem Gewölbe einer am rechten Bildrand hoch aufragenden Kirchenruine heraus, gezerrt, gestoßen und geschlagen von rücksichtslosen Ungeheuern, die ihn zu einem Feuer speienden Ungetüm führen wollen. In den Darstellungen der unterschiedlichen Fantasiegestalten lässt der Künstler seinem Erfindungsreichtum freien Lauf - bis in den dunstigen Hintergrund verteilt sich das Volk der Schreckenskreaturen, wo es in einem Boot am Strand gelandet ist. Einem Wespennest gleich kriecht aus jedem Schlupfwinkel des Bildes ein Teufelswesen, um Schabernack zu treiben. Überragt wird das Szenario von einem geflügelten Drachen, der sich effektvoll vor einer hell aufleuchtenden Dampfwolke abhebt. Wie auf einer Bühne verteilt Callot seine Statisten, die einer ausgefeilten Choreographie folgend ihre Plätze einnehmen.

Auf diesem kurz vor seinem Tod entstandenen Werk zeigt der große Zeichner und Radierer seine ganze Virtuosität: Von kleinsten, fein gezeichneten Strichen über tiefschwarze, an- und abschwellende Linien zur atmosphärischen Stimmung der Stufenätzung führt er dem Betrachter die wunderbaren Raffinessen seiner Kunst vor Augen.

Der gebürtige Lothringer Jacques Callot ging mit 16 Jahren nach Rom, wo er das Kupferstechen und später das Radieren lernte. 1612-1621 hielt er sich in Florenz auf und arbeitete dort für die Medici. Zurückgekehrt nach Nancy, folgten einige Aufenthalte in den Niederlanden und in Paris, bevor er 1635 in seiner lothringischen Heimatstadt starb. Er war ausschließlich als Grafiker tätig und schuf ein Oeuvre von mehr als 1.400 Kupferstichen und Radierungen, die zu den Höhepunkten der Barockgrafik zählen. Zahlreiche nachfolgende Generationen sollten sich an seiner Kunst messen lassen.

Der Bestand an Grafiken von Jacques Callot im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe umfasst rund 350 Blätter. Die meisten von ihnen gehören zum ältesten, bereits im 17. Jahrhundert von den Markgrafen von Baden zusammengetragenen Sammlungsbestand und werden in einem Inventar von 1688 erwähnt.

[D.S.]

Daten und Fakten

Titel Die Versuchung des Heiligen Antonius
Künstler*in Jacques Callot (1592)
Entstehungszeit 1635
Inventarnummer IV 459 a
Maße Blatt H 35.8cm B 46.7cm
Material Papier
Technik Radierung
Gattung Radierung
Abteilung Kupferstichkabinett
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