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Die Kaiserpagode in Stahnsdorf ist ein schräges Wahrzeichen des Ortes

Schweine auf Abwegen und betrunkene Hühner

Stahnsdorf von seiner exotischen Seite.

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Stahnsdorf. Vollmundig liest sich die Ankündigung auf der Internetseite der Kaiserpagode. Inmitten chinesicher Palastarchitektur möchte das Restaurant in Stahnsdorf eine Verbindung zwischen dem modernen Deutschland und der traditionellen Esskultur Chinas herstellen.

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In der Realität schockiert der Bau zunächst. Wenig idyllisch an der vielbefahrenen Potsdamer Allee inmitten von Einfamlienhäusern, Discount-Märkten und preiswerten Hotels gelegen, erinnert die Architektur der Kaiserpagode an Disneyland. Ein ziemlich schroffer Zusammenprall der Kulturen. Jeder kennt den Restaurant-Tempel, der wahrscheinlich noch vor dem Südwestkirchhof das bekannteste Wahrzeichen von Stahnsdorf ist. Doch wer ist je drin gewesen? Wir sind in das Heiligtum eingedrungen. So hat also der Kaiser von China gelebt: Im Foyer schwimmen Koikarpfen in einem Brunnen. Dunkelrot mit typisch chinesischen Schnitzmustern ist die hölzerne Einrichtung gehalten. Das kennt man in abgespeckter Version aus dem Asia-Imbiss um die Ecke, wo man sich in der Mittagspause eine Chinapfanne holt. Selbst die Musik kommt uns bekannt vor. Anscheinend zirkulieren Kopien dieser CD in allen asiatischen Restaurants der Welt. Kling, klang, den ganzen Tag lang.

Dafür haben die Gerichte am Imbiss nicht so klangvolle Namen wie in der Kaiserpagode. Kreationen wie „Schwein auf Abwegen“, „Schwert des Samurai“, „Gefangenenchor“ oder „Betrunkenes Huhn“ regen die Phantasie an und liefern wahrscheinlich sogar Menschen, die sich nichts zu sagen haben, Gesprächsstoff. Wir beginnen den Asien-Trip mit einer Wan-Tan-Suppe und Garnelenspießen mit Zitronengras-Sauce. Dazu gibt es Tofu-Röllchen, die mit Schweinefleisch und Bambus gefüllt sind, und eine Sauer-Scharf-Suppe. Die Spieße und Röllchen sind vorzüglich und hübsch dargeboten in langen Schalen. Die Suppen hätten eine Idee heißer sein können. Wohltemperiert ist hingegen der deutsche Riesling, der gut mit der asiatischen Küche harmoniert.

Zum Hauptgang wählen wir „Ente im Fluss“ (mit Gemüse), Zanderfilet im Sesammantel mit Wasserkastanien und Ananas, „Paradiesvogel“ (Gebackenes Huhn mit Gemüse) und „Ente im Glück“ (mit Pilzen). Nach angenehm kurzer Wartezeit kommen die Hauptgänge – und wie beim Chinesen üblich, kostete jeder bei jedem. Ein Karussell in der Tischmitte macht es möglich. Das Entenfleisch ist herrlich kross, der Zander zergeht auf der Zunge und das Huhn ist außen knusprig und innen zart. Der kaiserliche Vorkoster hätte nicht um sein Leben fürchten müssen.

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Wunderbar knackig präsentiert sich das Gemüse, in dem die Speisen schlummern. Etwas gewöhnungsbedürftig für märkische Zungen ist die zum Zander gereichte Sauce. Mit Unmengen von Mandarinen und Ananas eher süß als sauer, nimmt sie fast das Dessert vorweg.

Den Nachtisch lassen wir uns trotzdem nicht entgehen: Litschipudding mit in Weißwein gedünsteter Birne. Sieht toll aus, schmeckte auch so. Ein glänzender weißer Kegel ist erst auf den zweiten Blick als Pudding zu identifizieren. Gar nicht so einfach ist es, die glibbrige, mit Litschistücken gefüllte Masse auf den Löffel zu bekommen. Elastisch wie ein Samurai weicht der Pudding dem Löffel aus. Man muss ihn mit einem Stich ins Herz zur Strecke bringen. Der Kampf lohnt sich. Mit Frische und Leichtigkeit rundete die Süßspeise den Abend ab.

Mit Preisen zwischen zwölf und 16 Euro pro Hauptspeise hebt sich die Pagode deutlich vom Imbiss ab. Das Essen ist seinen Preis wert. „Viel zu europäisch!“, nörgelt ein Bekannter. Soll er doch. Nach einem mitteleuropäischen Arbeitstag ist uns die Kaiserpagode exotisch genug – und verkehrsgünstig gelegen ist sie außerdem, Parkplätze gibt es im Tempelumfeld zu Genüge. Zum Abschied reicht die chinesische Kellnerin ein warmes, feuchtes Tuch zum Gesichtreinigen. Ende eines kurzen Langstreckenflugs. (Von Christian Zielke)

INFO: Kaiserpagode, Potsdamer Allee 119, Stahnsdorf, 0 33 29 /6 36 60. Geöffnet jeden Tag von 11.30 bis 23.30 Uhr

MAZ

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