100 Jahre Burgenland
Martinskirche in Deutsch Schützen - ein historisches Juwel
Die älteste Glocke des Burgenlandes läutete Jahrhunderte in der Martinskirche in Deutsch Schützen.
DEUTSCH SCHÜTZEN. Deutsch Schützen wurde 1221 erstmals urkundlich als "Perwolff" in einer Schenkungsurkunde erwähnt. Die historischen Hinweise gehen aber viel weiter zurück. Bereits in der Römerzeit ist der Weinbau rund um den Eisenberg dokumentiert. Er dürfte aber bereits davor existiert haben.
Im 13. Jahrhundert gehörte das damalige Perwolff (inkl. Eisenberg und Kroatisch Schützen) zum Besitz der Grafen von Güssing, obwohl das umliegende Gebiet zum Hoheitsgebiet der Familie Ják zählte.
Wehrkirche aus Holz
Gegründet wurde die Ortschaft von deutschsprachigen Bogenschützen. Die Martinskirche wurde in ihrem Ursprung vermutlich bereits im 12. Jahrhundert als Holzkirche erbaut und in späteren Jahrhunderten erweitert. Sie war stets als Wehrkirche konzipiert und bis ins 19. Jahrhundert gab es auch eine Mauer, innerhalb der der Pfarrer eine eigene Wiese besaß.
Die Kirche wurde über einem ehemaligen römischen Friedhof aus dem 4./5. Jahrhundert errichtet. Bis heute steht der Rest der Martinskirche dort, wo früher die Siedlung Perwolff lag, die 1274 zerstört wurde. Die vertriebenen Schützen kehrten aber 15 Jahre später zurück und bauten ihren Ort - als "Klein Schütz" - wieder auf. Dieser wurde erneut zerstört und Ende des 13. Jahrhunderts wurde im heutigen Ortsgebiet von Deutsch Schützen der Ort "Groß Schütz" begründet. Vermutlich bestanden Jahrhunderte hindurch Klein Schütz und Groß Schütz nebeneinander.
Pfarrkirche
Die Martinskirche blieb Pfarrkirche bis ins 20. Jahrhundert und über viele Jahrhunderte auch als Schutz. Um 1400 wurde die Kirche neu errichtet und 1751 barockisiert. Der Turm und spätere Zubau aus dem 19. Jahrhundert stürzten 1945 ein, weitere Teile der Kirche wurden beschädigt. So blieb nur noch ein Teil der Kirche (Chorjoch, Apsis, Sakramentsnische) bis heute bestehen. Das Gewölbe ist aus einfach gekehlten Rippen, die auf Dienstbündeln und schlanken Runddiensten lagern. In der südlichen Innenmauer befindet sich ein Grabstein des Georg Debreczenyi, der 1593 verstarb.
Seit 1938 ist die von 1933 bis 1937 neu errichtete Mariäe Namen-Kirche im Ortszentrum Pfarrkirche von Deutsch Schützen. Zur Pfarrgemeinde gehörten Eisenberg und Kroatisch Schützen, das auch nach der Trennung von Österreich 1923 bis 1945 von Deutsch Schützen mitbetreut wurde, ehe Kroatisch Schützen (Horvátlövő) zur Pfarrgemeinde Großdorf (Vaskeresztes ) kam. Heute umfasst die Pfarrgemeinde Deutsch Schützen noch Eisenberg und Höll. Zum Pfarrverband gehört auch die Pfarre St. Kathrein, zu der noch die Filialen Edlitz, Harmisch und Kroatisch Ehrensdorf gehören. Beide Pfarren gehören zum Dekanat Güssing und werden von EKan GR Josef Kroiss betreut.
Älteste Glocke gerettet
Über mehrere Jahrhunderte hinweg sorgte in der Martinskirche eine ganz besondere Glocke für das Geläut. Zwar wird das Gussjahr von 1242 bezweifelt, aber die älteste Glocke des Burgenlands stammt aus dem 13. Jahrhundert und war bis in die 1940er Jahre im Turm der Martinskirche zu finden.
Während des 2. Weltkriegs wurde sie aber ausgebaut und sollte eingeschmolzen werden, um daraus Waffen herzustellen. Die Glocke blieb jedoch - wie durch Wunder - in Ebenfurt zurück und gelangte dann 1964 durch die Gießerei Pfundner ins Glockenmuseum Krems-Stein. Dort ist die älteste Glocke des Burgenlandes bis heute zu bewundern.
Historische Funde
Neben der ältesten Glocke des Landes gab es in der Martinskirche noch weitere Kulturschätze zu entdecken. So wurden bei archäologischen Grabungen 1970/71 Fundamente der romanischen Kirche und eines römerzeitlichen Friedhofs freigelegt.
Ein romanisches Doppelkapitell mit Kelchblättern und Männerkopf wird im Pfarrhof der Mariä Namen-Kirche aufbewahrt, ein Löwenkopf in der Grabkapelle der Familie Erdödy in Kohfidisch. Beide stammen aus dem frühen 13. Jahrhundert - vermutlich um 1200 entstanden.
Experten sehen dieses Prunkstück als Besonderheit und Zeichen für eine Sonderstellung der Perwolff-Schützen im Dienste der Grafen von Güssing.
Gedenktafel
Im Jahr 1995 wurde eine Gedenktafel, gestiftet vom österreichischen Botschafter in Israel Herbert Kröll, an der Außenmauer angebracht, die an die Ermordung von 57 jüdischen Zwangsarbeitern im Deutsch Schützer Wald erinnert, angebracht. Nach der Entdeckung des Grabes 1995 wurden die Toten von Oberrabiner Paul Chaim Eisenberg an der Fundstelle bestattet.
Bis heute ist die Martinskirche das historische Wahrzeichen von Deutsch Schützen, ein zentraler Teil der 800-jährigen Geschichte und gleichsam ein wichtiger Ort des Jubiläums 100 Jahre Burgenland.
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