Berlin. Felicitas Woll spielt eine vergewaltigte Frau aus dem Allgäu: „Liebe bis in den Mord – Ein Alpenthriller“ behandelt ein heikles Thema.

Durch die Vorabendserie „Berlin, Berlin“ wurde Felicitas Woll zum Star. Dass sie nicht nur komödiantische Charaktere beherrscht, hat die Grimme-Preisträgerin längst bewiesen. Zuletzt erhielt Woll für ihre Darstellung eines Opfers häuslicher Gewalt im Sat.1-Film „Die Ungehorsame“ mehrere Auszeichnungen.

Jetzt kämpft sie als Vergewaltigungsopfer im ZDF-Film „Liebe bis in den Mord – Ein Alpenthriller“ mit den Folgen einer vertuschten und verdrängten Tat.

Die dreiste Rückkehr des Täters

Das Drama nimmt kurz vor der Hochzeit von Sonja (Woll) und Thomas Gruber (Thomas Unger) seinen Lauf. Auf dem Nachhauseweg von einer Geburtstagsfeier wird Sonja vergewaltigt. Adrian (Gabriel Raab), der Täter, macht sich nicht die geringste Mühe, seine Identität zu verschleiern. Soll sie ihn doch anzeigen. Dann geht er eben ins Gefängnis. Und kommt ein paar Jahre später wieder raus. Aber sie sei dann für immer in der dörflichen Gemeinschaft gebrandmarkt. Und sowieso. Als zurückgewiesener Ex-Freund aus Teenager-Tagen, so Adrians völlig verquere Logik, habe er sich nur genommen, was ihm ohnehin seit Jahren zustehe. Schließlich liebe er sie ja immer noch.

Tatsächlich lässt sich Sonja von ihrer Schwester Birgit (Nina Kronjäger) dazu überreden, die Tat unter den Teppich zu kehren und zu schweigen. Aber fünfzehn Jahre später kehrt Adrian mit viel Geld aus München zurück in die vermeintliche Alpenidylle. Ungeniert behauptet er, Sonjas und Thomas’ Tochter Anna (Paulina Hobratschk) sei in Wirklichkeit seine Tochter. Schließlich habe Sonja mit ihm kurz vor der Hochzeit ein Verhältnis gehabt. Als sie endlich mit der Wahrheit rausrückt, glaubt ihr kaum jemand in der Dorfgemeinschaft. Für Sonja geht der Albtraum jetzt erst richtig los.

Wie geht man mit zurückliegenden Taten um?

„Liebe bis in den Mord“ thematisiert die seelischen, familiären und gesellschaftlichen Folgen einer verschwiegenen Vergewaltigung. Wie soll man mit einer 15 Jahre zurückliegenden Tat umgehen, wenn es quasi keine Beweise gibt? Wie verhalten sich die Menschen im Umfeld von Täter und Opfer? Wer stellt sich warum auf wessen Seite? Fragen von aktueller Brisanz – nur dass man hier als Zuschauer von Anfang an Klarheit über den tatsächlichen Sachverhalt hat.

Größtenteils funktioniert der Film dank der guten Darsteller als starkes, glaubwürdig umgesetztes Drama, das die Befindlichkeiten des Opfers ernst nimmt. Wieso Drehbuchautor Jürgen Werner dann aber aus dem psychologischen Drama unbedingt noch einen Mörderkrimi mit „Alpenthriller“ im Titel basteln musste, erschließt sich nicht ganz. Die dramaturgische Überspitzung wirkt beinahe so, als hätten zu viele ZDF-Redakteure ins Skript reingeredet.

Die Botschaft könnte nicht deutlicher sein

Sehenswert ist dieser Fernsehfilm trotzdem, nicht zuletzt wegen der unüberhörbaren Botschaft an alle Opfer, nach einer Vergewaltigung niemals zu schweigen, sondern so schnell wie möglich Anzeige zu erstatten.

Fazit: Kein Thriller, aber ein gut gespieltes Drama, das an die Nieren geht.

Montag, 19. September, ZDF, 20.15 Uhr