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Weniger Bauteile, reduzierter Typenkatalog Weniger Bauteile, reduzierter Typenkatalog: Besonderer DDR-Plattenbau feiert Jubiläum

Von Diana Dünschel 05.01.2021, 10:30
Die Wohnbauserie WBS 70 war in der DDR der am meisten verwendete Plattenbautyp. Auch im Zentrum von Merseburg wurde er bei der Neugestaltung in den 70er Jahren verwendet. Das ist jetzt 50 Jahre her.
Die Wohnbauserie WBS 70 war in der DDR der am meisten verwendete Plattenbautyp. Auch im Zentrum von Merseburg wurde er bei der Neugestaltung in den 70er Jahren verwendet. Das ist jetzt 50 Jahre her. Diana Dünschel

Merseburg - Der Einheits-Plattenbau in ostdeutschen Städten und damit auch in Merseburg feiert 50-jähriges Jubiläum, und zwar ein ganz bestimmter Typ von Plattenbaublock. Die Rede ist vom WBS 70, der Abkürzung für Wohnungsbauweise 70.

Zwar hatte in der DDR die Plattenbauweise schon einige Jahre früher begonnen. Doch erst die WBS 70 brachte die gewünschten Einsparungen: Weniger Bauteile, ein reduzierter Typenkatalog und eine standardisierte einheitliche Bauweise für alle Wohnungsbaukombinate.

„Reko Merseburg“ als „Rekonstruktion des Stadtzentrums“ beschlossen

Am 7. Oktober 1972 begann die Produktion von Elementen, ab April 1973 wurde der erste WBS-70-Block in Neubrandenburg montiert und war im gleichen Jahr bezugsfertig. Von den rund 1,52 Millionen errichteten Wohnungen in Plattenbauweise bis 1990 in der DDR ist WBS 70 mit insgesamt 644.900 Wohneinheiten und einem Anteil von 42 Prozent am weitesten verbreitet.

Schaut man sich Bilder vom ersten Block in Neubrandenburg an und vergleicht sie mit Blöcken in der Merseburger Reko, stellt man fest, dass WBS 70 auch im Herzen der Kreisstadt für die Planer der Umgestaltung der Altstadt das Mittel der Wahl war. In einem Generalbebauungsplan hatte man nämlich 1966/67 die „Reko Merseburg“ als „Rekonstruktion des Stadtzentrums“ in fünf Bauabschnitten beschlossen.

WBS 70 half die Merseburger Altstadt abzureißen und sozialistisch zu rekonstruieren

Am 1. Februar 1968 war Grundsteinlegung für die Neubauten auf dem Marx-Engels-Platz, der heute wieder Nulandtplatz heißt. Es folgte die Bebauung in der Leunaer Straße, im Bereich Sixtistraße/Brühl/Roßmarkt, an Saalepromenade/Entenplan und Burgstraße sowie in der Unteraltenburg. Bis 1981 entstanden 3.000 Wohnungen in Plattenbauweise in hauptsächlich fünfgeschossigen Blöcken.

Praktisch die gesamte Altstadt wurde dafür abgerissen. Auch mit der Begründung der Zerstörungen durch mehr als 25 Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg auf Merseburg sprach man offiziell von einer „unbrauchbaren und nicht modernisierungswürdigen Bausubstanz“. So ist es heute noch in den Beständen des Kulturhistorischen Museums zu dem Thema nachzulesen.

Plattenbau: Serienfertigung und festgelegte Wohnungsdurchschnittsgrößen

Der „Reko“ waren angesichts von Wohnungsnot und notwendigen Umsiedlungen aus Dörfern im Geiseltal, die wegen des Braunkohleabbaus überbaggert wurden, umfangreiche Wohnungsbaumaßnahmen vorausgegangen. Von 1946 bis 1968 betraf das vor allem die Gegend um den Bahnhof. Entsprechend eines 1959 verabschiedeten Siebenjahresplans entstanden danach die neuen Wohnsiedlungen in Süd, Nord und West mit insgesamt 8.000 Wohnungen.

Auch hier gab es schon Serienfertigung und festgelegte Wohnungsdurchschnittsgrößen zu Durchschnittspreisen in der Herstellung. Doch dann kam der Auftrag von der Regierung, Rationalisierungsmaßnahmen zu ergreifen, den Bauaufwand zu reduzieren und die Materialökonomie zu verbessern. Das Ergebnis war die bis heute das Zentrum prägende WBS 70. (mz)