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Gift in unserer Nahrung Was sind Dioxine?

Vor allem im fettigen Eigelb lagern sich Dioxine ein.

Vor allem im fettigen Eigelb lagern sich Dioxine ein.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Dioxine – die Abkürzung für polychlorierte Dibenzodoxine und Dibenzofurane – sind organische Stoffgruppen, die überall in unserer Umwelt zu finden sind. Sie sind farb- und geruchlos, langlebig, fettlöslich und können zu den sogenannten Ultragiften gezählt werden. Insgesamt sind 210 verschiedene Dioxine bekannt.

Giftige Nebenprodukte

Dioxine werden nicht gezielt hergestellt, sondern entstehen als ungewollte Nebenprodukte bei chemischen Prozessen mit hohen Temperaturen, bei denen Chlor zum Einsatz kommt, wie beispielsweise beim Bleichen von Papier, bei der Metallherstellung oder bei der Müllverbrennung. Auch das unsachgemäße Recyceln von Elektroschrott und kann zu hohen Dioxinbelastungen der Umwelt führen. Zudem werden große Mengen Dioxine bei Vulkanausbrüchen und Waldbränden freigesetzt. Dioxine werden über Staubpartikel in der Luft in die Umwelt verteilt. Aus diesem Grund lassen sich die Gifte in Böden, Gewässern, Pflanzen, Tieren und Menschen finden. Selbst in Millionen Jahre alten Tonvorkommen im Boden konnten zahlreiche Dioxine nachgewiesen werden.

Menschen mit durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten nehmen rund 12 Pikogramm Dioxine täglich über Fleisch- und Wurstwaren auf.

Menschen mit durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten nehmen rund 12 Pikogramm Dioxine täglich über Fleisch- und Wurstwaren auf.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Aufgrund ihrer chemischen Struktur lagern sich Dioxine in Lebewesen vor allem im Fettgewebe ein. Dioxine, die in die Nahrungskette gelangt sind, lassen sich dementsprechend vor allem in fettreichen Lebensmitteln finden. Experten berechnen, dass der Mensch bei durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten mehr als 90 Prozent der Dioxine über die Lebensmittel, davon mehr als 20 Prozent durch Fleisch- und Wurstwaren, mehr als 30 Prozent durch Milch und Milchprodukte tägliche zu sich nimmt. Selbst die Muttermilch ist nicht frei von diesen Ultragiften. Sie wird sogar aufgrund ihrer Zusammensetzung und Verfügbarkeit als Indikator für die Dioxin-Belastung in der Bevölkerung benutzt.

Fachleute tappen im Dunkeln

Von den 210 Dioxinen werden 17 als besonders gefährlich eingestuft. Wie giftig diese Stoffe tatsächlich sind, können bis heute nicht einmal die Fachleute konkret einschätzen. In Tierversuchen wirkten bereits geringe Mengen des hochgiftigen TCDD (2,3,7,8-Tetrachlordibenzodoxin) tödlich. Zudem wurden bei Tests mit Dioxinen Störungen des Immunsystems, Erkrankungen der Atemwege, der Haut, des Stoffwechsels, des Hormonhaushalts und der Schilddrüse festgestellt. Auch krebserregende Wirkungen konnten im Labor eindeutig nachgewiesen werden. Doch bei den Versuchen zeigten sich Hamster wesentlich resistenter gegenüber den Dioxinen als Meerschweinchen. Wie bestimmte Dioxine auf Menschen wirken, lässt sich aus den Tierversuchen nicht ableiten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt nicht mehr als ein bis vier Pikogramm (ein Billionstel Gramm) Dioxine je Kilogramm Körpergewicht pro Tag zu sich zu nehmen. Für einen 70 Kilogramm schweren Mann bedeutet das eine maximale Aufnahme von täglich 280 Pikogramm. Aus Vorsorgegründen wird jedoch die Aufnahme von höchstens einem Pikogramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen.

Der Fall Juschtschenko

Das Bild zeigt Wiktor Juschtschenko vor (r) und nach der Vergiftung mit TCDD.

Das Bild zeigt Wiktor Juschtschenko vor (r) und nach der Vergiftung mit TCDD.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein trauriges Beispiel für die Wirkung von Dioxinen ist die Vergiftung des ehemaligen Präsidenten der Ukraine Wiktor Juschtschenko. Bei dem Anschlag im September 2004 nahm Juschtschenko nachweislich TCDD in sehr hoher Dosis über den Mund zu sich. Kurz darauf litt der damalige Präsidentschaftskandidat unter den Symptomen der Vergiftung. Er erbrach sich häufig, litt unter Unterleibs- und Rückenschmerzen. Zudem war ein Gesichtsnerv gelähmt. Juschtschenkos Magen, Dünndarm und Bauchspeicheldrüse waren entzündet, stellten die behandelnden Ärzte vier Tage nach der Vergiftung fest. Zudem hatte das Dioxin die sogenannte Chlorakne verursacht und das Gesicht Juschtschenkos fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Nach 25 Operationen innerhalb von drei Jahren konnte die Dioxinbelastung seines Körpers auf zehn Prozent reduziert werden. Nur weil sich Juschtschenko kurz nach der Aufnahme des Gifts erbrochen habe und Ärzte aus der Schweiz ein Enzym entdeckten, das den Abbau von TCDD bewirkte, konnte der ehemalige Präsident der Ukraine gerettet werden, erklärte der behandelnde Arzt Jean-Hilaire Saurat. Bisher gab es keine medizinische Möglichkeit, nach einer akuten Dioxin-Vergiftung die Belastung des Körpers zu verringern.

Dioxinbelastung bleibt problematisch

Aufgrund von zahlreichen gesetzlichen Regelungen und dioxinmindernden Maßnahmen konnten seit 1990 Jahren die Dioxinwerte in Mitteleuropa deutlich gesenkt werden. Die Europäische Union (EU) hat zudem die maximale Dioxinbelastung von bestimmten Lebensmitteln festgelegt. Das schützt jedoch den einzelnen Verbraucher nicht, warnt Foodwatch. Personen, die besonders gern Lachs, Aal, Makrele oder Dorschleber essen. Sie nehmen trotz der vorgegebenen EU-Grenzwerte ein Vielfaches an Dioxinen zu sich.

Während einer Futtermittelkontrolle in Heilbronn.

Während einer Futtermittelkontrolle in Heilbronn.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zu hohe Dioxinwerte in Lebensmitteln gibt es immer wieder. Vor allem verunreinigtes Futtermittel führt zur Verseuchung der Nahrung und zur Verunsicherung der Verbraucher. Das Umweltbundesamt fordert deshalb verstärkte Kontrollen von Futtermitteln und ihrer Produktionsverfahren sowie die Senkung der zulässigen Dioxin-Grenzwerte. Nur so könnten die von der WHO empfohlenen Vorsorgewerte weltweit eingehalten werden.

Quelle: ntv.de

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