„Hier geht nichts mehr“ – Österreich-Gletscher sind laut Experten verloren
Für Österreichs Gletscher sieht es nicht gut aus. Die Eismassen schrumpfen im Rekordtempo – und die Hoffnung schwindet. Schon bald könnte es keine Gletscher mehr geben.
Salzburg – Der größte Gletscher in Österreich – ein „Wahrzeichen Österreichs“ schmilzt dramatisch: Die Pasterze verlor mehr als 200 Meter in der Länge und das nur in einem Jahr. Ein Negativrekord im aktuellen Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV). Dabei sind 92 von 93 der beobachteten Gletscher kleiner geworden.
Österreich in rund 40 Jahren ohne Gletscher
„In 40 bis 45 Jahren wird Österreich so gut wie eisfrei sein“, sagte Andreas Kellerer-Pirklbauer, vom Institut für Geografie und Raumforschung an der Universität Graz bei der Vorstellung des aktuellen Gletscherberichts. In einigen schattigen Gebieten an den Nordost-Seiten oder vielleicht im Ötztal könnte es dann noch Eisreste geben.
„Hundsmiserabel“ fasst Gerhard Karl Lieb vom ÖAV-Gletschermessdienstes die Lage der Gletscher zusammen. Das Ende der Gletscher in Österreich sei angesichts des Klimawandels nicht mehr zu verhindern.
„Hier geht nichts mehr.“
„Das System ist zu träge“, so Gletscher-Experte Lieb. „Hier geht nichts mehr.“ Klimaschutzmaßnahmen kämen für die Gletscher in Österreich zu spät. Auch für Deutschlands Gletscher sieht es finster aus. Auf globaler Ebene sei jedoch noch etwas zu erreichen, räumte er ein.
Österreichs-Gletscher schrumpfen – drei Höchstwerte in nur sieben Jahren
Seit 133 Jahren vermisst ein Team des ÖAV ehrenamtlich Gletscher-Eisflächen. Nach dem aktuellen jährlichen Gletscherbericht sind die Eisriesen in den zwölf verschiedenen Gebirgsgruppen im Mittel 23,9 Meter kürzer geworden.
Es habe demnach schon höhere Mittelwerte gegeben, wie 2021/22 mit 28,7 Metern und 2016/17 mit 25,2 Metern. Kein Gletscher habe sich in den Vorjahren um mehr als 100 Meter zurückgezogen.
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Größter Gletscher Österreichs verliert in einem Jahr mehr als 200 Metern an Länge
Die Pasterze am Großglockner in Kärnten schrumpfte in der Messperiode vom August 2022 bis Oktober 2023 gewaltig. Bei dem Gletscher sind in einem Jahr 203,5 Meter verschwunden. Geschätzter Verlust an der Gletscherzunge: 14 Millionen Kubikmeter Eis. Beim Rettenbachferner in den Ötztaler Alpen in Tirol sind 127 Meter geschmolzen. Die fünf größten Gletscher-Rückgänge nach der aktuellen Statistik:
Österreich-Gletscher | Eisverlust an Länge |
Pasterze (Glocknergruppe) | minus 203,5 Meter |
Rettenbachferner (Ötztaler Alpen) | minus 127 Meter |
Sexegertenferner (Ötztaler Alpen) | minus 93,7 Meter |
Schlatenkees (Venedigergruppe) | minus 92,8 Meter |
Fernauferner (Stubaier Alpen) | minus 68 Meter |
Es gibt allerdings eine Ausnahme: der Bärenkopfkees (Glocknergruppe) blieb laut den Messungen der Ehrenamtlichen stationär. „Das zeigt keine Trendwende, sondern das ist ein Zufall“, so Gletscher-Experte Lieb. Höchstwahrscheinlich habe hier Lawinenschnee im Sommer etwas länger auf der Gletscherstirn gelegen.
Keine Hoffnung für Österreich-Gletscher
Der Druck durch das Klima auf die Alpen sei sehr hoch, betonte Nicole Slupetzky, Vizepräsidentin des Alpenvereins. Das Gletscher-Sterben setze sich unaufhaltsam fort und sei mit bloßen Augen erkennbar, trotzdem würden neue Lifte geplant. Nur sieben Prozent der österreichischen Landschaft sei unberührt. Diese gelte es zu erhalten. Dabei spielen die Gletscher in den Alpen laut Experten eine wichtige Rolle bei der Wasserversorgung in Europa.
Der „dramatische Auftauprozess“ an Österreichs-Gletschern birgt in ganz anderer Sicht „unberechenbare Gefahren“. (ml/dpa)