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Kalorienangabe auf Speisekarten Vom Kalorien zählen allein nimmt man nicht ab: England streitet über neues Gesetz zur Bekämpfung von Fettleibigkeit

Zwei von Fettleibigkeit betroffene Menschen mit einem Maßband
Die Kosten zur Bekämpfung der Folgen von Fettleibigkeit für das englische Gesundheitssystem werden auf circa 7,3 Milliarden Euro jährlich geschätzt (Symbolbild)
© Vadym Petrochenko / Getty Images
Restaurants ab einer bestimmten Größe müssen in Großbritannien von nun an Kalorieninformationen auf Speisekarten zur Verfügung stellen. Das sorgt nicht nur für Zustimmung, sondern auch heftige Kritik.

England will Fettleibigkeit bekämpfen. Restaurants, Cafés und Imbissbuden mit mehr als 250 Mitarbeitern sind von nun an verpflichtet, Kalorienwerte für Mahlzeiten auf ihren Speisekarten und Websites abzudrucken.

Die Regierung hat dafür eine Anleitung veröffentlicht, die Informationen für die neue Regelung enthält. Unter anderem können Unternehmen in dem Dokument anhand von Bildbeispielen sehen, wie Kalorienangaben auf "pro Portion"-Basis dargestellt werden sollen, wie das Portal "Natlawreview" zusammenfasst.

Hohe Behandlungskosten für Folgen von Fettleibigkeit

Das neue Gesetz, das letztes Jahr vom Parlament verabschiedet wurde, entstand vor dem Hintergrund, dass die Coronavirus-Pandemie bei Personen, die an Fettleibigkeit leiden, eine erhöhte Gefahr für schwere und tödliche Verläufe hervorgebracht hat. Nach Angaben der Regierung sind fast 63 Prozent der Erwachsenen in England übergewichtig oder leben mit Fettleibigkeit. Unter den Kindern sind 40 Prozent fettleibig oder übergewichtig, wenn sie die Grundschule verlassen. Die Kosten für das englische Gesundheitssystem dafür werden auf 6,1 Milliarden Pfund (circa 7,3 Milliarden Euro) pro Jahr geschätzt.

Die Regierung teilte mit, dass die Darstellungspflicht der Kalorienangaben auch Unternehmen ermutigen könne, gesündere Optionen anzubieten. Einige Experten sehen die Maßnahme jedoch äußerst kritisch. Für Stuart Flint, außerordentlicher Professor für Psychologie der Fettleibigkeit an der Universität von Leeds und Direktor der Wohltätigkeitsorganisation Obesity UK, bestünde die Lösung des Problems der Fettleibigkeit eher darin, der gesamten Lebensmittelbranche strengere Vorgaben zu machen, sagte er im Gespräch mit dem britischen "Guardian".

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"Sich nur auf Kalorien zu konzentrieren, schärft nicht wirklich das Bewusstsein. Ich denke, wir machen tatsächlich einen Schritt zurück von dem, was wir in den letzten fünf bis zehn Jahren getan haben“, sagte er. "Tatsache ist, dass es so viele verschiedene Faktoren gibt, die zu Fettleibigkeit beitragen“, fügte er hinzu und ergänzte, dass es "besser wäre, die Aufmerksamkeit darauf zu richten, die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln einzuschränken, anstatt den Schwerpunkt allein darauf zu legen, dass der Einzelne Entscheidungen trifft“. Mit der bloßen Darstellung der Kalorien sei also noch nichts gewonnen.

Fehlen einer echten Beweisgrundlage

Während Fast-Food-Unternehmen wie McDonald's und KFC bereits Kalorienmengen auf ihren Speisekarten aufführten, sagte Flint, es gebe keine "echte Beweisgrundlage", um zu verstehen, wie sich die neue Regelung auswirken werde oder ob irgendjemand dadurch seine Essgewohnheiten ändern werde. Schließlich fehle auch jegliche Unterscheidung zwischen gesünderen und ungesünderen Kalorien, wie dieser Tweet einer Kritikerin des neuen Gesetzes eindrucksvoll zusammenfasst:

Ein weiterer Kritikpunkt sind mögliche Auswirkungen des neuen Gesetzes auf Esstörungen wie beispielsweise Bulimie. So könne die permanente Präsenz von Kalorienangaben durchaus dazu führen, eine möglicherweise bereits überwundene Störung erneut auszulösen, wie einige Stimmen bei Twitter zu der Gesetzesnovelle anmerken:

Gesundheitsministerin Maggie Throup verteidigte das Regierungshandeln: "Es ist entscheidend, dass wir alle Zugang zu den Informationen haben, die wir brauchen, um ein gesünderes Gewicht zu halten, und das beginnt damit, dass wir wissen, wie kalorienreich unsere Nahrung ist. Beim Einkaufen im Supermarkt sind wir das gewohnt, aber beim Essengehen oder Essen zum Mitnehmen ist das nicht der Fall."

Quellen:  "Guardian", "Natlawreview"

km
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