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Verfassungsgerichtsurteil Kein Staatsgeld für die NPD – funktioniert das auch für die AfD?

NPD Demo
NPD-Demo in Gera 2011: Die Partei heißt inzwischen anders und hat sich politisch erledigt.
© Hendrik Schmidt / DPA
Sechs Jahre lang hat die frühere NPD kein Geld vom Staat bekommen. Zu Recht, urteilen die höchsten Richter in Karlsruhe. Eignet sich das Vorgehen auch gegen die AfD? Ein Gespräch mit Parteienforscher Carsten Koschmieder.

Herr Koschmieder, Deutschlands höchstes Gericht hat erlaubt, eine verfassungsfeindliche Partei wie die NPD von der öffentlichen Finanzierung auszuschließen. Ist das eine gute Nachricht?
In ihrem NPD-Verbotsurteil 2017 hatten die Karlsruher Richter durch die Blume selbst vorgeschlagen, der Partei die Finanzierung zu entziehen, weil sie die Verfassung und die Demokratie zerstören wolle. Deswegen war das Urteil erwartbar. Interessant ist, dass das Spendenprivileg weg ist und man dadurch Geldzuwendungen nicht mehr von der Steuer absetzen kann.

Wie stark wird es die Partei treffen? 
Die NPD hat sich inzwischen in "Die Heimat" umbenannt, ist aber im Prinzip schon länger tot. Staatliche Finanzierung kriegt sie ohnehin nicht mehr. Früher war sie die radikalere Variante der AfD, doch wer heute radikal ist, fühlt sich bei der AfD genauso zu Hause. 

Vor rund zehn Jahren wurde heftig über ein NPD-Verbot diskutiert. Hatte die Debatte einen Einfluss auf den Niedergang der Partei?
Nein. Aber sie war auch nie so erfolgreich wie die AFD war oder es jetzt ist. Ihre Wähler sind dann zur AfD gewechselt und die NPD flog aus den Landesparlamenten, in denen sie vorher war.

Wird das Karlsruher Finanzierungsurteil Auswirkungen auf die AfD haben?
Sicherlich werden viele Stimmen jetzt darauf hinweisen, dass der Entzug der finanziellen Mittel eine Alternative zu einem langwierigen und unsicheren Verbotsverfahren sein könnte. Zumal die Richterinnen in Karlsruhe es als verhältnismäßiger ansehen könnten, als die Partei ganz zu verbieten. Ein Parteienverbot ist immer ein krasser Eingriff in die Demokratie.

Carsten Koschmieder
Dr. Carsten Koschmieder ist Politologe an der Freien Universität Berlin.  Rechtsextremismus und Parteien gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten.
© FU Berlin / stern

Sie sind gegen ein Verbot der AfD?
Ich bin dafür, wenn sich die besten Verfassungsjuristinnen einig sind, dass es auch klappt. Ein gescheitertes Verfahren gegen die AfD wäre ein Desaster, weil dann der falsche Eindruck entstünde, es handele sich gar nicht um eine völkische, rassistische und demokratiefeindliche Partei.

Glauben Sie nicht, dass ein Verbot zumindest die mit der AfD verbundenen, rechten Strukturen und deren Einfluss einschränken würde?
Sicherlich würden die Rechtsextremen weniger in Medien und auf Podien präsent sein. Und natürlich wäre es gut, wenn die Partei nicht auch noch Geld vom Staat dafür bekommen würde, um ihn zu zerstören und rechtes Gedankengut mit ihrer Desiderius-Erasmus-Stiftung zu verbreiten …

… aber? 
Das entbindet die politisch Handelnden, insbesondere die Mitte-Links-Parteien, nicht davon, eine Politik umzusetzen, die den Rechtsextremen den Nährboden entzieht: Sie sollte die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Und die lauten ja nicht, wir haben zu viele "Ausländer", sondern: Was wird mit meiner Wohnung, meiner Miete? Ruiniert die Globalisierung meine Arbeit, bekommt mein Kind eine ordentliche Schulbildung? Werde ich in Hartz IV fallen? Verbotsverfahren hin oder her – es muss an vielen Stellen in unserer Gesellschaft etwas gegen rechtsextreme Einstellungenpassieren: etwa die politische Bildung verbessern, in Schulen investieren, Demokratie muss erfahrbarer werden. Und ganz nebenbei: Wenn die CDU weiter Wahlkampf für die AfD macht, braucht die AfD auch weniger Geld für ihre Wahlkämpfe.

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