Mehr als nur ein »Scheibenputzer«
Wer ein Aquarium mit Fischen sein Eigen nennt, der kommt wohl früher oder später nicht um die Haltung dieses Fisches herum. Wie viele bodenlebende Fische wird der braune Antennenwels – auch Antennen‐Harnischwels oder Ancistrus genannt – meist als schnödes Funktionstier angeschafft, um Algen im Becken zu bekämpfen. Wer sich jedoch näher mit diesem Wels beschäftigt, der erkennt schnell, dass es sich bei ihm um weit mehr als einen Fisch mit Reinigungsfunktion handelt.
Aussehen
Wie andere Welsarten hat der braune Antennenwels (Ancistrus sp.) nichts vom Aussehen eines gewöhnlichen Fisches: Der Körper ist breiter als hoch, die Flossen sitzen eher an der Körperseite und mit einem glänzenden Schuppenkleid kann er ebenfalls nicht aufwarten. Stattdessen verfügt der bis zu 15 Zentimeter lange Fisch über einen braun‐schwarzen, mit gelblichen bis weißen Flecken übersäten Panzer aus Knochenplatten. Lediglich das vordere Kopfviertel und der Bauch sind nackt. Auffälligstes Merkmal des Ancistrus sind die namensgebenden Antennen der Männchen, die sich je nach Exemplar auch mehrfach verzweigen können. Die Lebenserwartung liegt bei etwa zehn Jahren, wobei auch die Existenz 15‐jähriger Tiere mehrfach belegt ist.
Herkunft
Der braune Antennenwels ist einer der am längsten in der Aquaristik bekannten Welse, wobei inzwischen allerdings davon ausgegangen wird, dass es sich bei diesem Antennen‐Harnischwels nicht um eine eigene Art, sondern um einen Hybriden aus verschiedenen Arten der Gattung Ancistrus handelt. Dementsprechend ist dieser Antennenwels auch nicht wissenschaftlich bestimmt und wird als Ancistrus sp. geführt. Woher genau der braune Antennenwels stammt, ist heute also nicht mehr nachzuvollziehen. Bekannt ist nur, dass er seinen Ursprung in irgendeinem der Flusssysteme im nördlichen und mittleren Südamerika hat. Dort bewohnen Antennen‐Harnischwelse verschiedenste Habitate, von schnell fließenden, vegetationsarmen Fließgewässern bis hin zu stark verkrauteten Überschwemmungsgebieten und Sümpfen. Als Bodenbewohner weiden sie dort Aufwuchs von Steinen, Holz und Pflanzen ab, gelegentlich ist aber auch tierische Nahrung in Form von wasserlebenden Insekten oder Aas Bestandteil des Nahrungsspektrums. Der braune Antennenwels ist ein Einzelgänger, toleriert aber im Allgemeinen Artgenossen in seiner Nähe. Lediglich während der Laichzeit werden die stark territorialen männlichen Welse aggressiv und vertreiben alle anderen Männchen aus ihrem Revier.
Anforderungen an Haltung und Ernährung
Die Haltung des braunen Antennenwelses ist unter ziemlich jeder Bedingung möglich und seine Friedfertigkeit macht ihn zusätzlich zum perfekten Gesellschafter. Dennoch sind einige wichtige Punkte zu beachten: Das Becken sollte eine Länge von 80 Zentimeter nicht unterschreiten, bei der Haltung mehrerer Tiere sind eine Beckenlänge von mindestens 100 Zentimeter und eine ausreichende Strukturierung des Aquariums notwendig. Als Einrichtung dienen vor allem (Moorkien‐) Wurzeln und Steine, wobei Erstere als wichtige Zellulosequelle für die Welse selbstverständlich sein sollten. Weiter müssen Höhlen im Aquarium vorhanden sein, dabei gilt die Faustregel: doppelt so viele Höhlen wie Welse. Pflanzen werden im Allgemeinen nicht behelligt, lediglich einige Arten (unter anderem Echinodorus) werden gelegentlich als willkommener Snack angenommen.
Wer an seinen Pflanzen hängt, der sollte auf eine abwechslungsreiche Fütterung seiner braunen Antennenwelse achten. Gefressen werden verschiedenste Gemüsesorten, etwa Salate, Gurke, Kartoffeln oder Möhren sowie Frostfutter, Futtertabletten, Flockenfutter und Granulatfutter. Algen werden lediglich von Jungfischen gefressen, sodass sich der braune Antennenwels als »Scheibenputzer« nur in sehr beschränktem Maße eignet.
Werden Welse beiderlei Geschlechter gehalten, so ist eine Nachzucht meist nicht zu verhindern. Das bis zu 100 Eier fassende Gelege wird in einer Höhle oder Nische abgelegt und fortan vom Männchen bis zum Freischwimmen der Larven betreut. Dabei wird jeder Eindringling, egal ob Wels oder Salmler, sofort mit aufgestellten Otodonten (Kiemendeckelfortsätze) von der Höhle vertrieben. Die Aufzucht gelingt dann selbst im Gesellschaftsbecken problemlos, sodass genau überlegt werden sollte, ob Männchen und Weibchen zusammengesetzt werden. Für die Nachzuchten finden sich kaum Abnehmer.
Der braune Antennenwels ist wohl der häufigste und am weitesten verbreitete Fisch, der in der Süßwasser‐Aquaristik zu finden ist und inzwischen ist er auch in verschiedensten Farb‐ und Zuchtformen wie Schleier, Schildpatt und Gold im Handel. Da wäre es doch schade, wenn er auch weiterhin nur als Funktionsfisch angesehen werden würde.
Autor: Victoria S.
Bilder: Victoria S.
erschienen in TierZeit – Ausgabe 12
13. Dezember 2015