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Fettleibigkeit wird zur neuen Epidemie der Armen

Vom Hunger zur Fettleibigkeit: Übergewicht und Fettleibigkeit breiten sich epidemieartig in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern aus. Die Aufnahme zeigt eine übergewichtige Frau in der südafrikanischen Stadt Pretoria Vom Hunger zur Fettleibigkeit: Übergewicht und Fettleibigkeit breiten sich epidemieartig in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern aus. Die Aufnahme zeigt eine übergewichtige Frau in der südafrikanischen Stadt Pretoria
Vom Hunger zur Fettleibigkeit: Übergewicht und Fettleibigkeit breiten sich epidemieartig in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern aus. Die Aufnahme zeigt eine übergewichtige Fr...au in der südafrikanischen Stadt Pretoria
Quelle: pa
Ob in Afrika, Asien oder Südamerika: Übergewicht und Fettleibigkeit grassieren auch in Entwicklungsländern wie eine Seuche – mit fatalen gesundheitlichen Folgen. Rezepte dagegen gibt es bisher nicht.

Mehr als 2,1 Milliarden Menschen und damit knapp 30 Prozent der Weltbevölkerung sind laut einer aktuellen Studie übergewichtig oder fettleibig. Bis zum Jahr 2030 werde womöglich fast jeder zweite Erwachsene betroffen sein, heißt es in der von der Forschungsgesellschaft der Unternehmensberatung McKinsey veröffentlichten Untersuchung.

Fettleibigkeit sei nicht nur ein Problem mit gravierenden gesundheitlichen Folgen, sondern wirke sich auch negativ auf die Wirtschaft aus. Der Weltwirtschaft entstehe dadurch in Form von Gesundheitsausgaben und einer verminderten Produktivität pro Jahr ein Schaden in Höhe von zwei Billionen Dollar (1,6 Billionen Euro). Das entspreche nahezu den schädlichen Auswirkungen, die bewaffnete Konflikte und das Rauchen zusammen haben, behaupten die Forscher.

Dabei betrifft das Phänomen längst nicht mehr nur die Industrienationen: Auch in Entwicklungsländern leiden immer mehr Menschen an Übergewicht. Dort werden lokal erzeugte Getreide, Gemüse und Fleisch durch importierte Fertigprodukte verdrängt. Diese enthalten meist viel Zucker, Fett und Salz, aber zu wenig Ballaststoffe, Vitamine und andere wichtige Nahrungselemente.

Millionen Menschen sterben pro Jahr an den Folgen

Die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) spricht bereits von einer „Epidemie“ des Übergewichts. Weltweit sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 3,4 Millionen Menschen pro Jahr an den Folgen. Übergewicht erhöht das Risiko, an Diabetes, Herzleiden und bestimmten Krebsarten zu erkranken. Bei Kindern hemmt es die Entwicklung.

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„Wir sind schon froh, wenn der Trend nicht noch weiter nach oben geht“, kommentiert der WHO-Experte Leo Nederveen die Zahlen. „Gesundes Essen muss billiger werden“, fordert er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rand der Welternährungskonferenz vom 19. bis 21. November in Rom.

Wenn Gemeinschaften in Afrika, Lateinamerika oder Asien ihre eigenen Feldfrüchte durch Fertigpizza, Pommes frittes, Eintopfkonserven und Schokoriegel ersetzen, ist das besonders riskant. Denn unterernährte Menschen sind besonders anfällig, Übergewicht zu bekommen, wie der WHO-Experte erläutert.

Der Organismus hat sich auf Mangel eingestellt, die verfügbare Nahrung wird besonders effektiv genutzt. Wer dann zu viel isst, setzt schneller Fett an als Menschen, die sich ausreichend ernährt haben.

Hunger und Übergewicht zwei Seiten von Armut

Für das katholische Hilfswerk Misereor sind Hunger und Übergewicht zwei Seiten von Armut und die Folge eines fehlgeleiteten Ernährungssystems, das von wenigen Konzernen dominiert wird.

„Denn frische und gesunde Lebensmittel sind teurer als fett- und zuckerreiche Produkte“, sagt Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel, der selbst lange in Brasilien lebte. In China und Mexiko hat sich laut Misereor der Anteil Übergewichtiger seit 1980 fast verdoppelt, in Südafrika um ein Drittel erhöht.

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Die Industrie spielt auch aus Sicht der beiden UN-Organisationen eine Schlüsselrolle in dem Bemühen, die Ausbreitung von Fettleibigkeit zu bremsen. Freiwillige Regelungen seien häufig nicht ausreichend, notwendig seien gesetzliche Vorschriften, sagt Nederveen mit Blick auf die Fettsteuer auf besonders kalorienreiche Produkte in Mexiko.

„Steuern sind ein wichtiges Mittel, um den Konsum vor allem unter jungen Menschen zu reduzieren“, sagt der Experte. In Mexiko gelten mittlerweile 70 Prozent der Erwachsenen als übergewichtig.

Herstellerfirmen wehren sich gegen Vorwürfe

Die Herstellerfirmen wehren sich indes gegen Vorwürfe, für Übergewicht mitverantwortlich zu sein. Staatliche Regulierungen wie in Mexiko lehnt die internationalen Vereinigung der Lebensmittel- und Getränkehersteller (IFBA) ab.

„Wir glauben nicht, dass Steuern die Lösung sind, denn sie senken nicht den Konsum, die Verbraucher entscheiden sich daraufhin nur für das billigere Produkt“, sagt IFBA-Generalsekretär der Rocco Renaldi.

In Deutschland wiegt mittlerweile jeder Zweite zu viel. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) macht sich vor allem über die Fettleibigkeit unter jungen Erwachsenen Sorgen. Er hält jedoch nichts von Sondersteuern und staatlicher Regulierung, sondern setzt auf Erziehung, angefangen in Kitas und Schulen sowie freiwillige Maßnahmen der Industrie.

Schmidt: „Der freiheitliche Staat kann seine Bürger informieren, ihnen aber nicht die Entscheidung abnehmen, wie sie sich ernähren.“

NRW führt Fitnesstests an Grundschulen ein

Vier bis fünf Prozent der Grundschulkinder haben motorische Schwierigkeiten. Ein Grund: Bewegungsmangel. In Nordrhein-Westfalen sollen Fitnesstests in Schulen Abhilfe schaffen.

Quelle: N24

epd/AFP/oc

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