2004 galt der prowestliche Kandidat Viktor Juschtschenko als Favorit in den ukrainischen Präsidentenwahlen. Während des Wahlkampfs im Herbst wurde er – wie sich erst Monate später herausstellte – mit Dioxin vergiftet und dadurch lebensgefährlich verletzt, sein Gesicht wurde stark entstellt. Der heute 64-Jährige ist immer noch davon gezeichnet. Er musste sich in verschiedenen Kliniken rund 25 hautchirurgischen Eingriffen unterziehen, um die unzähligen Narben seiner durch das Dioxin hervorgerufenen Chlorakne behandeln zu lassen.
Juschtschenkos Konkurrent war damals Ministerpräsident Viktor Janukowitsch, der offen von Russlands Präsident Wladmir Putin unterstützt wurde. Janukowitsch gewann knapp, die Massenproteste aufgrund der Wahlfälschung (Orangene Revolution) führten zu einer erneuten Stichwahl, die Reformpolitiker Juschtschenko gewann. Er war von Januar 2005 bis Februar 2010 Präsident der Ukraine. Wer für seine Vergiftung verantwortlich ist, ist bis heute nicht geklärt.
Anfang März wurde im britischen Salisbury ein Nervengiftanschlag auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal (66) und seine Tochter Julia verübt. Großbritannien und die EU machen Russland für den Anschlag verantwortlich, das diesen Vorwurf jedoch energisch zurückweist.
„Mein Kopf wurde dramatisch größer“
Die BBC sprach in diesem Zusammenhang mit Juschtschenko über seinen Fall. Am 6. September 2004 hatte er ein Essen mit dem Chef und dem stellvertretenden Chef des ukrainischen Geheimdienstes. „Gemäß den Ermittlungen war das Gift beim Essen dem Reis beigemischt worden“, erzählt Juschtschenko. „Meine Frau sagte mir nach dem Begrüßungskuss: ‚Deine Lippen schmecken metallisch.‘“
Fast hätte Juschtschenko nicht überlebt. Dass er sich bald nach Einnahme des Giftes habe übergeben müssen, dürfte ihn gerettet haben. Er habe sich in Österreich behandeln lassen. „Nach zwei oder drei Tagen schwoll mein Körper an. Mein Kopf wurde dramatisch größer.“ Der Schmerz habe seinen ganzen Körper durchflutet. „Dann hatte ich überall Entzündungen und Eiterpusteln.“
Zur Frage, ob er denke, dass Kreml-Chef Putin seine Vergiftung in Auftrag gegeben habe, äußert er sich vielsagend: „Ich kenne die Antwort, aber ich kann sie nicht aussprechen.“
Und was war sein erster Gedanke, als er vom vergifteten Skripal erfahren habe? „Es tut mir weh, dass Europa so blind ist. Dass die Europäer so unfreundlich miteinander sind.“ Juschtschenko würde es begrüßen, wenn die EU „endlich realisiert, dass die größte Herausforderung für ihre Bürger die mittelalterliche Politik ist, die Russland im 21. Jahrhundert noch verfolgt“.