Der Pilot dreht in 300 Meter Höhe einmal von links und dann von rechts eine Runde. Unten sind riesige Dreiecke zu sehen. Einige der längeren Linien schauen wie Landebahnen aus. Andere wie Menschen, Tiere, einer wie ein Astronaut mit Stiefeln und rundem Kopf.
Etwa 440 Kilometer südlich der peruanischen Hauptstadt Lima kann man die geheimnisvollen Geoglyphen bestaunen. Diese „Zeichen der Götter“ sind das spektakuläre Erbe einer untergegangenen Zivilisation, der Nazca-Kultur. Die Nazca lebten von 200 vor Christus bis etwa 650 nach Christus im Süden des heutigen Andenstaates.
Wer die Schönheit und ganze Dimension dieser Scharrbilder erfassen will, muss in die Luft gehen und sie von oben betrachten. Nur vom Flugzeug aus sind die in den steinigen Wüstenboden eingescharrten, etwa 30 bis 40 Zentimeter tiefen Erdzeichnungen und geometrischen Formen klar zu sehen. Mehr als 1500 Bilder wurden einst im Süden von Peru auf einer Fläche von 500 Quadratkilometern tief in den Wüstenboden geritzt.
Rundflüge über die Nazca-Linien in Peru
Nazca-Rundflüge sind beliebt. Mit dem kleinen Sportflugzeug fliegt man etwa 35 Minuten und zahlt dafür um die 100 US-Dollar. Auf dem 525 Quadratkilometer großen Hochplateau mit über 500 Darstellungen werden den Gästen 14 der bekanntesten Figuren präsentiert. Es ist ein klarer Morgen. Blauer Himmel. Kein Wind. Es wird ein angenehmer Flug ohne Turbulenzen über die „Linien und Geoglyphen von Nazca“ werden.
Eine deutsche Hobbyforscherin gilt als Pionierin bei der Erforschung der „Nazca-Linien“. Die 1902 in Dresden geborene Maria Reiche ging als Lehrerin in die Provinz Ica und widmete sich in ihrer Freizeit bis zu ihrem Tod 1998 der Erforschung und Bewahrung der riesigen Wüstenzeichnungen.
Heute beschäftigt sich der Altamerikanist Professor Markus Reindel vom Deutschen Archäologischen Institut als Wissenschaftler mit der Archäologie, Geschichte und Religion der Nazca-Kultur.
„Das sind große Zeichnungen auf dem Wüstenboden. Wobei – der Begriff Zeichnungen impliziert ja immer, dass das Bilder sind, die gesehen werden sollten. Und man weiß ja, dass die Figuren, von denen es ja gar nicht so viele gibt, am besten aus der Luft zu betrachten sind“, erklärt Markus Reindel. „Nach langen Jahren der Forschung sind wir der Meinung, dass diese Geoglyphen für rituelle Handlungen genutzt wurden.“
Schwierige Interpretation der Scharrbilder
Die berühmteste Figur ist der sogenannte Astronaut. 2500 Jahre alt, erklärt der Pilot über Mikrofon und Kopfhörer. Dieses Bild passt besonders gut zu der Idee einer prähistorischen Astronautik des Schweizer Bestsellerautors Erich von Däniken. Seiner Meinung nach haben Außerirdische diese Zeichnungen als Botschaft hinterlassen.
Doch bei der Interpretation der Bilder haben seine pseudowissenschaftlichen Theorien keine Bedeutung, wie Markus Reindel erklärt: „Also, Erich von Däniken spielt für uns eigentlich keine große Rolle, das wäre auch mit wissenschaftlichen Argumenten leicht zu widerlegen. Aber wenn man sich ein bisschen in die Nazca-Kultur reinvertieft, dann merkt man, dass doch die Religion eine ganz große Rolle spielt.“
Markus Reindel beschäftigt sich seit Jahrzehnten als Wissenschaftler mit der Nazca-Kultur. Über zwanzig Jahre hat er im Süden Perus gelebt. Schriftliche Zeugnisse gibt es von dieser Kultur nicht.
„Wir sind in einer der trockensten Wüsten der Welt“, sagt Reindel. „Wasser spielt sicher eine ganz große Rolle. Und die Menschen haben in ihrer Religion bestimmt um dieses Wasser gefleht. Darum drehte sich die Religion, und das sehen wir in allen Darstellungen und auch in den Grabungsfunden. So können wir auch die Darstellungen interpretieren und die Gottheiten, die als eine Art Fruchtbarkeitsbringer, die Bringer des Wassers betrachtet werden.“
Erdhaufen am Rand der Geoglyphen entdeckt
Die Zeichnungen zeigen Trapeze, Dreiecke und Figuren. Von oben erkennt man einen Affen. Das Merkwürdige an dieser Figur ist, dass sie das Tier mit neun Fingern und einem spiralförmigen Schwanz zeigt. Kurz darauf taucht unten ein in den Sandboden geritzter Kolibri auf, der heute als Symbol und Logo für den Peru-Tourismus vermarktet wird. Dann ist ein Orca zu sehen und wenig später eine Spinne.
Alle Figuren sind ungefähr 40 bis 60 Meter lang und breit und bis zu 40 Zentimeter tief in den Stein geritzt. Dann kommen die größten Tiere: der Pelikan mit 500 Meter und das zweitgrößte, der Flamingo mit 300 Meter.
Die Archäologen entdeckten am Rand der trapezförmigen Geoglyphen auch Erdhaufen, die sie anhand der ausgegrabenen Opfergaben wie Feldfrüchten, Muscheln und Keramikgefäßen als Altäre identifizierten. Aus manchen ragte eine Art Stange aus Holz: Diente sie der Orientierung oder wurden dort enthauptete Opfer zur Schau gestellt, wie es auf einigen Keramikvasen dargestellt wurde? Sie beteten um Regen.
Die Götter antworteten nicht mehr. Die Kultur der Nazca ging um 600 nach Christus unter. Die Wissenschaftler vermuten, dass nach einer langen Dürreperiode die Menschen die ausgetrocknete Wüstenregion verließen. Zurück blieben die Zeichen der Götter.
Tipps und Informationen
Rundreisen: Klassische Rundreisen mit optionalem Flug über die Nazca-Zeichnungen gibt es etwa bei Ikarus-Tours (18 Tage ab 3790 Euro, ikarus.com), Eberhardt Travel (15 Tage ab 3898 Euro, eberhardt-travel.de) sowie Gebeco (19 Tage ab 4995 Euro, gebeco.de). Ein halbstündiger Rundflug kostet ab 100 Euro, alasperuanas.com/de.
Auskunft: peru.travel/de