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Produktionsorientierte Arbeit als Hinführung zur Analyse und ...

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Thema der St<strong>und</strong>e: <strong>Produktionsorientierte</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>als</strong> <strong>Hinführung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>und</strong> Interpretation am<br />

Beispiel von Otto Ernsts Ballade „Nis Randers"<br />

1. Kernanliegen<br />

Die Sch. sollen auf der Verständnisgr<strong>und</strong>lage des Textsegments das Ende der Ballade „Nis Randers"<br />

antizipieren.<br />

• Die Sch. sollen nach dem Hören der ersten zehn Strophen die Kontraste inhaltlich <strong>und</strong> in ihrer Wirkung<br />

benennen <strong>und</strong> anschließend analysieren.<br />

• Die Sch. sollen auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser <strong>Analyse</strong> (begründete) Ideen zum Ende der Ballade entwerfen <strong>und</strong><br />

diese schriftlich fixieren.<br />

• Die Sch. sollen Anzeichen für ihr Ende dem Ausgangstext entnehmen <strong>und</strong> begründen können.<br />

2. Bedingungsanalyse<br />

Die Klasse 7b muss man <strong>als</strong> eine sehr heterogene Lerngruppe bezeichnen, wie es der körperlichen <strong>und</strong> psychischen<br />

Entwicklung in diesem Alter entspricht. Die Sch. sind es gewohnt, sich über den Inhalt den Text zu erschließen;<br />

formale Phänomene werden bisher nur unreflektiert wahrgenommen. Gerade deshalb soll der Blick auf die<br />

Bedeutung der sprachlichen Form in dieser U-Reihe geschärft werden. Die für diese St<strong>und</strong>e im Mittelpunkt<br />

stehende produktionsorientierte Methode, mit der die Sch. in den letzten St<strong>und</strong>en erste Erfahrungen ' gesammelt<br />

haben, kann dazu beitragen.<br />

3. Zur Begründung der ü-Reihe<br />

Gemäß Lehrplan für die Jahrgangsstufen 7 <strong>und</strong> 8 wird im Bereich „Umgang mit Texten" vorgeschlagen, am<br />

Beispiel von Balladen „Einblicke in die Geschichtlichkeit von Literatur zu gewinnen" (RL S.7.S). Diesen Aspekt<br />

greife ich in meiner Reihe auf, indem ich Balladen unterschiedlicher Epochen mit unterschiedlicher Thematik in<br />

den Mittelpunkt rücke (naturmagische, historische Ballade, Schicks<strong>als</strong>ballade). Das Genre Ballade erscheint mir<br />

für eine 7. Klasse geeignet, denn Balladen „sprechen immer wieder Probleme an, die den altersspezifischen<br />

Interessen entgegenkommen, z.B. moralische Entscheidungen in Konfliktsituationen, menschliche Bewährung<br />

<strong>und</strong> Hybris, Schicksal <strong>und</strong> Selbstbestimmung." (Spinner, S. 104). Schließlich gilt die Ballade <strong>als</strong> das „Ur-Ei" der<br />

Poesie, da in ihr alle drei Gattungen zusammenfließen, was eine Zusammenschau von inhaltlichen <strong>und</strong> formalen<br />

Elementen notwendig werden lässt.<br />

4. Didaktische <strong>Analyse</strong><br />

In den bisherigen 5 St<strong>und</strong>en wurden die Fontäne-Balladen „John Maynard" <strong>und</strong> „Die Brück' am Tay" besprochen,<br />

wobei der naturmagische <strong>und</strong> der historische Aspekt im Vordergr<strong>und</strong> standen, aber auch die rhetorischen Mittel<br />

<strong>und</strong> deren Wirkung angesprochen wurden. Mit „Nis Randers" von Otto Ernst steht eine Helden- <strong>und</strong><br />

Schicks<strong>als</strong>ballade im Mittelpunkt der heutigen St<strong>und</strong>e. Den Protagonisten Nis zieht es bei Sturm <strong>und</strong> Gewitter<br />

hinaus aufs Meer, um einen Schiffbrüchigen zu retten; Nis' Mutter versucht ihn <strong>zur</strong>ückzuhalten, da sie schon ihren<br />

Mann <strong>und</strong> einen Sohn auf See verloren hat, ein weiterer Sohn - Uwe - ist vermisst. Diese inhaltliche Spannung<br />

korrespondiert mit der sprachlichen Prägnanz <strong>und</strong> Kürze, den bangen Fragen <strong>und</strong> metaphorischen Ausdrücken des<br />

lyrischen Sprechers bezogen auf die Darstellung der Rettungsaktion. Dass die Rettung (des vermissten Bruders<br />

Uwe) gelingt, wird erst in den beiden letzten Strophen explizit deutlich.<br />

Die hier benannte Spannung, die auf den Ausgang gelegt ist <strong>und</strong> deshalb anhand der Strophen 1-10 inhaltlich <strong>und</strong><br />

formal (s.o.) analysiert werden kann, zieht die Sch. in die Handlung der Ballade. Motiviert wird diese <strong>Analyse</strong>,<br />

indem die Sch. auf der Gr<strong>und</strong>lage des Textsegments das Ende der Ballade antizipieren, gleichzeitig ihr Ende aber<br />

immer an das Textsegment „anbinden" müssen. Dabei könnte es zu folgenden „Lösungen" kommen:<br />

- Intuitiv vermuten die Sch., dass Nis überlebt <strong>und</strong> den Gefährdeten rettet.<br />

- Der Gerettete ist der Bruder Uwe, der in der 5. Str. dreimal mit Namen genannt wird.<br />

- Die Rettenden sind positiv konnotiert, was auf eine positive Lösung schließen lässt.


Diese positiven Konnotationen können allerdings durch die Rezeptionserfahrungen aus den beiden zuvor<br />

behandelten, tragisch endenden Fontäne-Balladen konterkariert werden. Hinzu treten die für einen tragischen<br />

Ausgang sprechenden Texteigenschaften - wie die Beschreibung der entfesselten Naturgewalten <strong>und</strong> die deutlich<br />

werdenden Ängste der Mutter. Die hier skizzierte (aus der o.a. Konterkarierung entstehende) Spannung auf den<br />

Ausgang der Ballade soll für diese St<strong>und</strong>e methodisch (> Produktionsorientierung) genutzt werden.<br />

5. Methodische <strong>Analyse</strong><br />

Den Einstieg in die Behandlung der Ballade „Nis Randers" soll das - aus meiner Sicht -besonders gelungene<br />

<strong>und</strong> damit auch motivierende Hörbeispiel von W. Höper (Anm. X) bilden, wobei der Vortrag unter Aussparung<br />

des Endes nur die Strophen eins bis zehn umfasst. Die auf diese Weise bei Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern erzeugte<br />

Spannung auf den ••- Ausgang des Balladengeschehens lässt sich methodisch besonders gut <strong>als</strong> Schreibanlass<br />

innerhalb eines produktionsorientierten Verfahrens der Textaneignung <strong>und</strong> -deutung nutzen. Voraussetzung für<br />

eine solche Textproduktion durch die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ist allerdings die Sicherung des<br />

Textverständnisses, das ausgehend von einer kurzen Spontanphase <strong>zur</strong> Äußerung erster - durch das Hörbeispiel<br />

hervorgerufener - Eindrücke innerhalb eines Unterrichtsgesprächs entwickelt werden soll. Der Einsatz einer<br />

OHP-Folie mit dem Balladentext (Strophe 1-10) unterstützt das Anliegen der Inhaltsklärung, da der Text so für<br />

alle präsent ist, gleichzeitig aber die Gesprächssituation erhalten bleibt.<br />

Sind Problemlage <strong>und</strong> Gang der Handlung hinreichend erläutert, erhalten die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zusammen mit einem <strong>Arbeit</strong>sblatt (Strophen eins bis zehn) den Auftrag, in<br />

Partnerarbeit einen mit den bekannten Textanteilen komparablen Schluss zu schreiben. Dieses Vorgehen<br />

wirft die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler wieder auf den Text <strong>zur</strong>ück, da sie im argumentativen Austausch mit der<br />

Partnerin bzw. mit dem Partner Anhaltspunkte für einen möglichen Schluss suchen, finden <strong>und</strong> erörtern<br />

müssen. In dieser Phase wird das Textverständnis vertieft, gleichzeitig aber werden erste textanalytische<br />

Überlegungen notwendig (Textaufbau, Charakterisierung von Mensch <strong>und</strong> Natur), so dass sich produktive<br />

<strong>und</strong> analytisch-interpretative Verfahren in verschiedenster „Weise ergänzen, gegenseitig bedingen <strong>und</strong><br />

ermöglichen'' (Waldmann, S.275). Um eine sprachliche Überforderung <strong>und</strong> eine zeitlich zu lange<br />

<strong>Arbeit</strong>sphase zu vermeiden, sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ihre ~ Schlussvarianten in Prosaform<br />

verfassen <strong>und</strong> dabei nicht mehr <strong>als</strong> sechs Zeilen schreiben. Nach dem Vortrag einiger alternativer Schluss<br />

Varianten sollen im Unterrichtsgespräch die jeweiligen Begründungen für einen guten bzw. schlechten<br />

Ausgang diskutiert <strong>und</strong> in den Zusammenhang einer genaueren Textanalyse gestellt werden. Dazu bieten sich<br />

Formen des tabellarischen Sammelns von Textaussagen auf einer weiteren OHP-Folie an, die z. B. unter den<br />

Kategorien „guter" oder „schlechter'"' Ausgang subsumiert werden könnten. Dabei sollten Merkmale der<br />

Figuren „Nis" (Positiva) <strong>und</strong> „Mutter" (Sorge, Angst) sowie " Darstellungsaspekte der Naturgewalten<br />

(Gefahren) Berücksichtigung finden. Dieses Verfahren erhält einerseits die Spannung auf das Ende des<br />

Textes aufrecht, verdeutlicht aber auch das kontrastive Kompositionsprinzip der vorliegenden Ballade,<br />

welches eben diese Spannung erzeugt.<br />

Unabhängig von der erreichten Vollständigkeit der Ergebnisse der vorangehenden Unterrichtsphase wird zum<br />

Abschluss das Ende des Textes präsentiert, um die aufgebaute Spannung aufzulösen <strong>und</strong> die Erwartungen der<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nicht zu enttäuschen. Gleichzeitig sollte die Lerngruppe noch kurz die Gelegenheit<br />

erhalten, sich zu dem vom Autor gewählten Ende zu äußern.<br />

Notwendige Ergänzungen der Textanalyse (besonders im sprachlich-stilistischen Bereich) werden dann<br />

Gegenstand der nächsten St<strong>und</strong>e sein, die durch eine entsprechende Hausaufgabe vorbereitet werden kann.


Verlaufsplan<br />

Unterrichtsphase Handlungssituation / Aktion Methoden Vorgehen<br />

Einstiegsphase Hörbeispiel der Ballade<br />

Spontane Äußerungen <strong>zur</strong> Wirkung des<br />

Vortrags <strong>und</strong> zum eigenen Ersteindruck<br />

Klärung des Inhalts<br />

Medien<br />

Kassette<br />

Problematisierung Lehrer/Schüler<br />

Erarbeitungsphase Aufgabe: a) Überlegt, wie es weitergehen könnte. Schreibt<br />

das Ende in ca. 3 • 4 Sätzsn auf- Beginnt mit Ich denke...<br />

b) Unterstreicht mit Bleistift die Textsteilen in der Ballade,<br />

die auf das von dir gewählte Textende hindeuten.<br />

Auswertungsphase 1) Vorstellung alternativer Ergebnisse durch zwei oder<br />

drei Sch. 2) Diskussion der Begründungen <strong>und</strong><br />

Übertragung auf die Folie.<br />

Vertiefung Auswertung derAuffälligkeiten des entstandenen<br />

Folienbildes , Darstellung des Negativen (entsprechende<br />

Personifizierung der Natur) Darstellung des Positiven<br />

(durch die Person Nis')<br />

Ausstiegsphase Präsentation des Endes auf Folie; Eindrücke UG<br />

UG<br />

UG<br />

PA<br />

10-15 Min.<br />

SV UG Folie<br />

UG Foiie

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