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Blondine bevorzugt - Barbara Rudnik

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T E R M I N M I T B A R B A R A R U D N I K / Schauspielerin<strong>Blondine</strong> <strong>bevorzugt</strong>VOLKER WIECKHORSTAb und zu streicht sie eine Strähne ihres Haares hintersOhr. Sie lächelt still in sich hinein und überlegt.Spontane Gefühlsausbrüche sind ihre Sache nicht.Lauthals lachen? Kaum vorstellbar. Den Figuren, die siespielt, scheint eine elegante Zurückhaltung eigen zusein. Und eine verborgene Zärtlichkeit.<strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> hat etwas von diesen Rühr-mich-nichtan-Mädchen.Aber nicht von den Verschreckten,Ängstlichen, denen das Haar schweißnass im Nackenklebt und die zu schüchtern zum Küssen sind. Sondernvon denen, die wissen, was sie wollen, und gern einbisschen spielen. Dabei weiß die 46-Jährige eigentlichüberhaupt nicht, was sie will. Angenehm und bequemsei es, wenn man seinen Weg und das Ziel kenne, sagtsie. Dann könne man gezielt darauf hinarbeiten. „Beimir war das alerdings nie der Fal.“ Einzig das Theaterhabe sie magisch angezogen. Die Schauspielerei gäbeihr die Möglichkeit, „etwas von sich zeigen zu können,was man sonst vielleicht eben nicht so gut zeigenkann.“Ein Studio in einer ehemaligen Fabrik in Hamburg-Altona: Irgendwo da oben auf der Empore über derriesigen Montagehalle ist sie. Bevor sie erscheint, ist nurihre Stimme zu hören, dann die Begrüßung. <strong>Barbara</strong><strong>Rudnik</strong> trägt Jeans und eine weiße Bluse. Ein zaghafterHändedruck. Freundliche Neugier, hinter der sich dieRoutine der Ausgefragten zeigt.<strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> wuchs in einem Dorf auf, das soungewöhnlich gewöhnlich war, dass es überall hätteliegen können. Mal abgesehen davon, dass das Dorf wieein Bach und der Bach wie ein Dorf heißt: Wehbach ander Asdorf. Eine kleine Idylle. Der Wald gleich um die Ecke. Die Mutter ist Näherin, der VaterDreher. Dann ist da noch die Nachbarsfamilie, die ihr schnell ans Herz wächst. Eine Kriegswitwemit ihrem Sohn. „Die war meine zweite Mutter. Auf der sozialen Leiter standen wir ziemlich weitunten. Flüchtlinge und dann auch noch evangelisch . . .“Verlust der HeimatSie gilt als deutsche CatherineDeneuve. In ihren Filmen spielt<strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> die kühle, abereinsame Karrierefrau. Ein Image, vondem sich die Schauspielerin nurschwer befreien kann.Foto: Dieter Meyer/ Agentur FocusAls sie mit zehn Jahren nach Kassel gezogen sei, habe sie ein halbes Jahr lang unter demschlimmsten Heimweh geliten, weil sie das Dorf so vermisst habe. „Die Nachbarin ist im letztenJahr mit 90 Jahren gestorben. Das ist auch eine Art Heimatverlust, denn es gibt nun niemandenmehr, zu dem ich dort noch Kontakt habe. Ich finde es sehr schade, dass diese schönen Dingeso einfach verloren gehen.“ An welches Ereignis aus ihrer Kindheit erinnert sie sich noch? „Vor


alem an den Fluss.“ An dessen Ufer habe sie nach der Schule immer gespielt. „Mein geliebterTeddybär wäre fast einmal ertrunken. Aber meine Mutter hat ihn gerettet.“Große Aufmerksamkeit erntet <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> 1984 mit Hans Christoph Blumenbergs „TausendAugen“. Sie spielt in dem Streifen des Filmkritikers eine Studentin, die sich in einer Peep-ShowGeld hinzuverdient. Blumenbergs Regiearbeit, dem Autorenkino näher als dem kommerziellenFilm und mit zahlreichen Filmzitaten gleichzeitig selbstverliebte Nabelschau, schien mitzahlreichen Stars wie Karin Baal, Hannelore Hoger und Armin Mueller-Stahl fast auf Erfolgvorprogrammiert zu sein. Es wurde aber ein Flop. „Sicher hat ,Tausend Augen' nicht daserreicht, was wir uns erhofften. Aber er hatte auch eine ganz eigene Erzählweise, die heute ganzund gar nicht mehr geht.“Elf Jahre späterkommt der große Durchbruch mit Nico Hofmanns preisgekröntem Thriler „DerSandmann“ –neben ihr glänzt Götz George. <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> spielt die ehrgeizige TV-JournalistinSabine. Wie war es, mit dem routinierten Götz George vor der Kamera zu stehen? Sah er in derNewcomerin bloß die blutige Anfängerin? „Nein, das habe ich überhaupt nicht so empfunden. Ichhabe mit Götz auch nicht so viel zu tun gehabt. Unser Verhältnis war fair, aber distanziert.“Bei den Rezensenten ist schnel das Etikett von der „kühlen Blonden“ geboren. Eine deutscheCatherine Deneuve. „Ich finde dieses Vergleiche schon nervig. Aber man kann damit leben. Ichglaube aber auch nicht, dass es das ist, was mich am trefendsten charakterisiert.“<strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> spielt Karrierefrauen, die abends allein im Regen nach Hause gehen, die sich imBett lieber mit den Börsennachrichten als mit einem Mann vergnügen. Sie sind zufrieden, weilsie ihre Stärken haben, aber ein bisschen melancholisch, weil es niemanden gibt, bei dem siemal schwach werden können. Sie zeigen sich nie ganz. Sie kommen dem Zuschauer zwar nahe–aber es bleibt immer ein Rest an Reserviertheit.Auch in dem erfolgreichen TV-Thriler „Tod im Park“ (2003) ist diese merkwürdige Mischung zufinden. Denn selbst als Kriminalpsychologin Hannah Schwarz hat sie wie so häufig keinen Mannan ihrer Seite. Steckt dahinter vielleicht der Trend, ein neues Selbstverständnis der Frautransportieren zu wolen? „Nein, das glaube ich nicht. Es ist im Krimigenre immer sehrschwierig, zwei Dinge unter einen Hut zu kriegen: die Story und das Privatleben derErmittelnden. Deshalb wohnt Ulrike Folkerts ja auch mit ihrem Kollegen in einerWohngemeinschaft.“Und auf einmal ist es dann Liebe. In ihrem letzten Film, der ARD-Produktion „Zwei Wochen füruns“ nämlich. Eine temporeiche Ehekomödie, in der eine viel beschäftigte Richterin sich fast aufeinen Seitensprung einlässt und der Ehemann bei seinem besten Freund einen Teil jener zartenDessous vorfindet, zu deren Kauf er sich schweren Herzens hat entschließen können. Doch weilim Zweifelsfal nicht Hauchzartes über das Glück entscheidet, sondern nur das Herz, gibt’s ebendoch ein Happy End. Bislang hate man den Eindruck, der Satz „Ich liebe dich“ würde ihr nieüber die Lippen kommen. „Ich glaube, ich habe es schon mal gesagt. Auf irgendeine Art undWeise sagt man es ja in fast jedem Film. Aber vieleicht nicht unbedingt mit diesen drei Worten.“Sie hätte sich vor allem für den Film entschieden, weil es mal eine Komödie sei. Und weil sie malversuchen wollte, ein bisschen anders zu sein. „Da bin ich nicht mehr die geheimnisvole Frau.“Unterkühlter CharmeWas denkt sie eigentlich, wenn sie mit dem seichten Serien-Einerlei konfrontiert wird? „Das isteine gefährliche Mischung. Manches ist nicht so schlecht, wie man denkt. Und ab und zu ist es jaauch ganz unterhaltend. Aber eigentlich will ich gar nichts Unrechtes darüber sagen. Vielleichtist Fernsehen auch der richtige Platz dafür. Ich schaue mir auch alles Mögliche an. Nicht nurhochtrabende Dinge.“ Sie ärgeresich angesichts einiger Sendungen darüber, dass die Sprachevöllig verkomme und die Leute gar nicht mehr in der Lage seien, sich normal zu unterhalten. ImÜbrigen aber, so <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong>, gebe es bei uns eine Menge guter Schauspieler. „Auch jungeLeute. Ich bin immer wieder völlig überrascht, wie gut die schon sind. Woher die das nehmen.Wir haben in Deutschland im internationalen Vergleich wirklich ein extrem hohes Maß anQualität.“


Zumindest glaube sie nicht, dass das Publikum nur die wahrnehme, die in den Zeitungen undZeitschriften präsent seien und sich nach vorn beugen, um das üppige Dekoleté zu zeigen. „Dasist zum Glück nicht der Fall– noch nicht zumindest.“Dass <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> im deutschen Film- und Fernsehgeschäft eine feste Größe ist, die auffällt,verdankt sie vor allem ihrem eindringlichen, gestisch fast sparsamem Spiel, ihrembezwingenden Charisma und dem Umstand, nie Rollen angenommen zu haben, die seicht oderbeliebig sind. Im Fernsehen ist ab und an eine Kollegin von <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> zu sehen, diedieselbe unterkühlte Ausstrahlung hat wie sie selbst. Deren Mimik Spiegel einer Verletzlichkeitist, die ebenfalls nie verschwindet–auch nach Drehschluss nicht. Eine Kollegin, die ebenfallsFrauen spielt, die abends im Regen allein nach Hause gehen: Claudia Michelsen. <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong>nickt. „Ja, die mag ich sehr.“Es gibt eine Formel, die einen Schauspieler zum heimlichen Star macht, ohne dass er vielleichtschon glaubt, einer zu sein. Wenn man jemanden fragt: „Hast du gestern die <strong>Rudnik</strong> imFernsehen gesehen?“ <strong>Barbara</strong> <strong>Rudnik</strong> nickt. „Ich weiß.“ Man hat es schon gesagt.© Rheinischer Merkur Nr. 27, 07.07.2005barbararudnik.com

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