Die Bundesregierung plant eine wissenschaftliche Untersuchung zu möglichen rassistischen Tendenzen in der Polizei. Die Bundesministerien für Inneres und Justiz seien "derzeit in der konzeptionellen Entwicklung für eine Studie zu Racial Profiling in der Polizei", sagte ein Sprecher des Innenressorts der Welt. Das Studien-Design stehe im Einzelnen noch nicht fest.

Als Racial Profiling wird das Handeln von Polizei, Sicherheits- oder auch Einwanderungsbehörden bezeichnet, wenn dieses auf Kriterien wie dem physischen Erscheinungsbild basiert, also etwa Hautfarbe oder Gesichtszügen, sowie auf ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft. Das Grundgesetz verbietet solche Benachteiligungen oder Diskriminierungen in jeglicher Form.

Nach dem Tod des Schwarzen George Floyd, der in den USA Opfer von Polizeigewalt wurde, wird auch in Deutschland über Rassismus und Polizeigewalt debattiert. Auslöser war unter anderem ein Interview der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die darin von einem "latenten Rassismus" bei deutschen Sicherheitskräften sprach. Die Debatte darüber wird nicht nur innerhalb der großen Koalition intensiv geführt. Inzwischen gibt es außerdem Forderungen nach unabhängigen Beschwerdestellen.

Grüne fordern wissenschaftliche Studie schon länger

Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sagte, dass es zu wenig Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Einstellungen in Reihen der Polizei gebe. Auf NDR Info forderte sie eine genaue Untersuchung: "Wir brauchen endlich belastbare Zahlen zu diesem Thema." Mihalic verwies darauf, dass ihre Partei die Innenminister von Bund und Ländern vor längerer Zeit aufgefordert habe, "endlich eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben, ob es verfassungsfeindliche oder rassistische Einstellungsmuster innerhalb der Polizei gibt". Dies sei auch im Interesse der vielen Beamtinnen und Beamten, die jeden Tag tadellos ihren Dienst machten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer verteidigte die Polizei unterdessen gegen Rassismusvorwürfe. Er sagte, es gebe Einzelfälle und jedem werde nachgegangen. Doch der Vorwurf eines latenten Rassismus in der deutschen Polizei stoße bei ihm auf absolutes Unverständnis. Sein Ministerium teilte darüber hinaus mit, dass es bei der Bundespolizei seit 2012 insgesamt 25 Rassismusverdachtsfälle gegeben habe. Davon seien 16 Fälle durch interne Hinweise bekannt geworden.

Auch der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), sprach sich dagegen aus, Polizisten pauschal zu kritisieren. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es gebe umfangreiche Überprüfungen der Bewerber bei der Polizei. Bevor junge Leute zur Polizei kämen, würden sie vom Verfassungsschutz untersucht und bei Beginn der Ausbildung noch einmal überprüft. Während der Ausbildung gebe es Ethikunterricht.

"Und wir machen in der Fortbildung eine ganze Menge. Das ist überhaupt kein Vergleich mit den USA." Trotzdem könne man auch mit Blick auf Rassismus in der Polizei "niemals nie sagen", sagte Reul. Deshalb gebe es in jeder Polizeibehörde in NRW einen Extremismusbeauftragten. Er wolle, dass solche Fälle sofort angepackt werden.