Die urgewaltige Schöllenen mit den Teufelsbrücken konnten uns nichts anhaben

Der erste Tag unserer diesjährigen Tour de Suisse führte uns via Kriens, wo wir bei Danielle kurz vorbei schauten, in die urgewaltige Schöllenen bei Andermatt im schönen Alpenkanton Kanton Uri. Eigentlich wären wir ja in Moab, Utah, aber die aktuellen Reisebeschränkungen lassen dies leider nicht zu. Auch die Bretagne schlossen wir als Reiseziel aus. So blieben wir in der Schweiz, was wir nicht bereuen sollten.

Die wilde Schöllenenschlucht war seit Gedenken ein nur schwer zu überwindendes Hindernis auf der Route über den Gotthardpass als Verbindung zwischen den Kantonen Uri und Tessin. Vermutlich um das Jahr 1200 waren es Walser, welche die Schlucht erstmals mit dem Bau eines für damalige Verhältnisse waghalsigen Saumweges mit mehreren Brücken begehbar machten. Die erste überlieferte Beschreibung einer Reise über den Gotthard datiert aus dem Jahr 1234.

Schöllenen
Die Twärrenbrücke

Die erste hölzerne Brücke, die Twärrenbrücke,  über die Reuss wurde im Jahr 1230 errichtet. Die 60 Meter lange Twärrenbrücke bestand bis zum Jahr 1707. Der Name Twärrenbrücke stammt von den quer liegenden Hölzern, über die der Weg führte. Im Jahr 1595 wurde sie durch eine massive, kühne Steinbrücke, die erste Teufelsbrücke, ersetzt. Einer Sage zufolge wurde die erste Teufelsbrücke vom Teufel errichtet.

Die Urner scheiterten immer wieder an der Errichtung einer Brücke. Schliesslich rief ein Landammann ganz verzweifelt aus: «Do sell der Tyfel e Brigg bue !» Kaum war es ausgesprochen, stand dieser schon vor der Urner Bevölkerung und schlug ihnen einen Pakt vor. Er würde die Brücke bauen und als Gegenleistung

Erste Teufelsbrücke
Das Werk des Teufels
Erste Teufelsbrücke
Der Bau der ersten Teufelsbrücke (Carl Blechen um 1830)

bekomme er die Seele desjenigen, der als Erster die Brücke überquere. Nachdem der Teufel die Brücke gebaut hatte, schickten die schlauen Urner einen Geissbock über die Brücke. Der Teufel war über diesen Trick sehr erzürnt und holte einen haushohen Stein, mit dem er die Brücke zerschlagen wollte.

Es begegnete ihm aber eine fromme Frau, die ein Kreuz auf den Stein ritzte. Den Teufel verwirrte das Zeichen Gottes so sehr, dass er beim Werfen des Steines die Brücke verfehlte. Der Stein fiel die gesamte Schöllenenschlucht bis unterhalb des Dorfes Göschenen hinab und wird seit daher «Teufelsstein» genannt.

Nach Fertigstellung der zweiten Brücke im Jahr 1830 wurde sie nicht mehr begangen und dem Verfall überlassen. Am 2. August 1888 stürzte sie ein. Auf der nördlichen Flussseite sind die Fundamente der ersten Teufelsbrücke noch sichtbar.

Zweite Teufelsbrücke
Die zweite Teufelsbrücke

Nach dem Ende der Koalitionskriege im Jahr 1815 herrschte im Kanton Uri wirtschaftliche Not. Brücke und Passweg konnten aufgrund fehlender Mittel vorerst nicht wieder begehbar gemacht werden, und der Verkehr nach Süden wurde zunehmend über den Splügenpass abgewickelt. Erst im Jahr 1820 konnte der Auftrag für die 

Errichtung der zweiten Teufelsbrücke erteilt werden, die nach zehnjähriger Bauzeit fertiggestellt wurde und auch heute noch besteht. Sie wird heute vom Langsamverkehr genutzt.

Dritte Teufelsbrücke
Die dritte Teufelsbrücke für den heutigen Verkehr

Die zweite Teufelsbrücke und die schmale Strasse waren Mitte des 20. Jahrhunderts den Anforderungen des modernen Verkehrs nicht mehr gewachsen. Im Jahr 1958 wurde daher rund 30 Meter östlich der zweiten Brücke und etwas erhöht die dritte Teufelsbrücke eröffnet, die direkt in den ebenfalls neu erbauten Fadeggtunnel übergeht. Mit zwei Spuren konnte sie den zunehmenden Verkehr besser aufnehmen. Über der Brücke prangt an der Felswand ein markantes Teufelsbild des Urner Malers Heinrich Danioth, geschaffen 1950 in Ölfarbe. 2008 wurde das rote Bild bei einem Vandalenakt mit blauer Ölfarbe beschmiert und darauf im Sommer 2009 aufwendig restauriert.

Aber auch an den wichtigen öffentlichen Verkehr und an den Gütertransport wurde gedacht. So wurde ein Bahntunnel  mit Brücke gebaut, um den Bahnanschluss von Andermatt sicherzustellen. Wir hatten wirklich Glück, und konnten einen Schnappschuss eines fahrenden Zuges schiessen. Für die Besucher wurde eine Art Stollen zugänglich gemacht. So kann man vom Besucherparkplatz hinunter und über die zweite Teufelsbrücke laufen. So gelangt man zum gut markierten Eingang in den Verbindungsschacht. Nach ungefähr 200 Metern durch die kühlen Granitfelsen erreicht man den Ausgang und kurz darauf eröffnet sich ein toller Blick durch die Brücke für die Eisbahn hinunter zur zweiten und dritten Teufelsbrücke. 

Schöllenen
Auch die Bahn findet ihren Weg
Schöllenenschlucht
Blick von der Eisenbahnbrücke zur zweiten und dritten Teufelsbrücke
Schöllenen
Alter Militärschacht als Notlösung im Falle einer Brücken Sprengung

Der oben erwähnte Schacht wurde vom Schweizer Militär gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Teil der Gotthard Befestigung erstellt. Im Kriegsfall wäre die zweite Teufelsbrücke gesprengt worden und dieser Schacht wäre in diesem Fall die einzige Verbindung gewesen.

Unter uns donnerte das Wasser der wilden Reuss durch die gewaltige Schöllenenschlucht. Die türkisfarbenen Pools und zahlreiche Wasserfälle wirken inmitten der erodierten Felslandschaft äusserst imposant. 

Schöllenenschlucht
Die Gewalten der Natur
Schöllenen
Die tosende Reuss
Schöllenen
Das 12 Meter hohe in den Stein gehauene Suworow Denkmal

Bevor man zur zweiten Teufelsbrücke gelangt, sollte man sich das Suworow Denkmal kurz anschauen. Es ist ein in den Fels gehauenes 12 Meter hohes Gedenkkreuz. Es errinnert seit dem September 1899 an die Kämpfe des 25. Septembers 1799 als sich im zweiten Koalisationskrieg in dieser Gegend die französischen sowie die russischen Truppen blutige Gefechte lieferten. 

Wir fuhren nun weiter in Richtung Andermatt und über die Hochebene via Hospental nach Realp. Von hier aus sind bereits die ersten, engen Kurven hinauf auf den 2’429 Meter hohen Furkapass zu sehen. Dieser verbindet die Kanton Uri und Wallis. Der Pass wurde schon zur Römerzeit begangen. 

Auch später bestand ein Saumweg, über den ab dem 13. Jahrhundert immer mehr Waren wie Salz, Wein, Felle und Getreide transportiert wurden. Heute erfreut sich der Pass mit seiner an die Anfänge der Automobilgeschichte errinnernden Passstrasse bei Autofahrern und Bikern grosser Beliebtheit.

Furkapass
Hinauf auf den Furkapass

In den Jahren 1864 bis 1866 wurde die fast 40 Kilometer lange Strasse erbaut.  Auf der neuen Strasse verkehrte eine Pferdepost, bis im Jahr 1921 das erste Postauto über den Pass fuhr. Oben angelangt, legten wir eine kurze Pause ein und verpflegten

uns mit leckerem Maissalat und Kartoffelsalat, welche uns Danielle noch mit auf dem Weg gegeben hatte. Zahlreiche Wohmobil- und VW Bus Reisende richteten sich auf dem grossen Parkplatz für die kommende Nacht ein. Das Übernachten auf Stellplätzen, insbesondere auf den Passhöhen scheint immer beliebter zu werden.  Auf der Furka Passhöhe verläuft die Europäische Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Nordsee.

Aber auch Filmgeschichte wurde hier oben geschrieben. Im Jahr 1964 wurden auf dem Furkapass einige Filmszenen des James Bond Films Goldfinger mit Sean Connery und Gert Fröbe gedreht. Ein Ford Mustang Cabriolet mit Frau am Steuer misst sich mit einem klassischen Aston Martin und James Bond.

Rhonegletscher
Der Rhonegletscher und Passstrasse um 1890 bis 1905 (unbekannt)

Unterhalb der Passhöhe liegt im Kanton Wallis auf 2’300 Meter Höhe das altehrwürdige Hotel Belvédère. Es scheint schon bessere Zeiten gesehen zu haben. Heute ist es geschlossen, war jedoch zur Zeit, als der Rhonegletscher noch bis hinunter ins Tal nach Gletsch reichte, eine Attraktion.

 Seit Mitte des 19. Jahrhunderts schmilzt er kontinuierlich. Möglicherweise wird er um das Jahr 2100 beinahe vollständig verschwunden sein. Die Gletscherzunge befindet sich oberhalb eines steilen Felshangs. Hier entspringt die Rhone. Aufgrund des stetigen Rückzugs des Gletschers begann sich in den Jahren 2006 und 2007 hinter der Schwelle des Steilhangs ein kleiner See zu bilden. Dieser Gletscherzungensee wird sich bei weiterem Abschmelzen des Rhonegletschers noch deutlich vergrössern.

Messungen haben ergeben, dass sich der Rhonegletscher pro Tag um 10 Zentimeter zurückzieht.

Rhonegletscher
Oben rechts ist der sich zurückziehende Rhonegletscher zu erkennen

Bei unserem letzten Besuch im Juli 2016 besichtigten wir den Rhonegletscher und wagten uns in sein Inneres. Der Gletscherlehrpfad ist äusserst interessant. Das ist heute auch noch möglich. Tickets können im Besucherbereich des Hotel Belvédère gekauft werden. Allerdings muss man schon eine rechte Strecke bis zum Gletscher zu Fuss zurücklegen. Es lohnt sich aber auf jeden Fall.

Es war nun späterer Nachmittagund unser nächstes Ziel war der im Obergoms in der Ortschaft Reckingen liegende Campingplatz Augenstern. Wir hatten diesen aufgrund seiner Lage und Bewertungen ausgewählt, und wir sollten nicht enttäuscht werden. Der Campingplatz liegt sehr schön auf der Talseite und ist gut beschildert. Die Zufahrt erfolgt durch das Dorf Reckingen mit seinen schönen, klassischen Walliser Häusern, von denen einige mehrere hundert Jahre alt sind. Die Rhone überquert man über eine alte, nur einspurig zu befahrende Holzbrücke. 

Im Restaurant Augenstern befindet sich auch der Empfang. Die Anmeldung erfolgt ziemlich unkompliziert. Der freundliche Herr notierte sich ein paar Informationen auf einem Notizzettel und machte uns mit der Infrastruktur vertraut. 

Auf der grossen Wiese, welche direkt an der Rhone liegt, kann der Stellplatz frei ausgewählt werden. Es gibt keine Parzellen und es gilt die freie Platzwahl. Strom und WiFi sind verfügbar. Zudem ist alles sehr sauber und ordentlich.

Camping Augenstern
Wir waren eingerichtet und konnten uns entspannen

Wir richteten uns ein und machten es uns auf unseren neuen, super bequemen Campingstühlen mit Fussstützen gemütlich. Sobald die Sonne hinter den Walliser Bergen verschwand, wurde es aber merklich kühl, und es bildete sich bereits Feuchtigkeit. Es war nun Zeit, sich ins Innere zu begeben und langsam aber sicher die Lichter zu löschen, denn für den kommenden Tag hatten wir eine grössere Alpinwanderung auf dem Programm.

PHOTO GALERIE
«DIE URGEWALTIGE SCHÖLLENEN UND DIE TEUFELSBRÜCKEN KÖNNEN UNS NICHTS ANHABEN»

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