Im Fischleintal mit Filz und Käsehappen munter los auf Schusters Rappen

Die Talschlusshütte im Fischleintal

von Ursula A. Kolbe

Es ist immer wieder aufregend, neue Gegenden kennenzulernen. Diesmal ging es in die Dolomiten, das UNESCO-Weltnaturerbe in Südtirol. Benannt nach dem französischen Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden Dèodat de Dolomien.

Erwähnen möchte ich hier auch den unbestrittenen Vordenker der zeitgenössischen Bergsteigerszene Reinhold Messner, der bei den Dolomiten von den „schönsten Bergen der Welt“ spricht. Er muss es wissen, ist er doch in der Region zwischen den Drei Zinnen und Geisterspitzen, zwischen Peitlerkofel und Marmolada aufgewachsen und zu dem geworden, was er heute ist.

Darüber und mehr liest sich übrigens spannend in seinem Buch „Die schönsten Berge der Welt“; mit exzellenten Luftaufnahmen des Südtiroler Fotografen Jakob Tappeimer. Eine gelungene Symbiose.

Wir haben im Sport & Kurhotel in Bad Moos, gelegen in Sexten, im Ort der Drei Zinnen, Quartier genommen. Wunderschön im Herzen des Naturparks Sextner Dolomiten gelegen.

Mindestens seit 1650 sind die hiesigen Badequellen bekannt. Anfang des 20. Jahrhunderts dann wurden die ersten Bade-und Trinkkuren aus drei verschiedenen Quellen im Ort angeboten. Davon ist heute nur noch die als Mineralwasserquelle anerkannte Mineralquelle bekannt.

Dr. Erwin Lanziger, der Hotel-Besitzer, auch Vorsitzender des Sexter Tourismusvereins, hatte die „sprudelnde“ Idee, mit der Schwefelwasserquelle das traditionsreiche „Bauernbadl“ wieder aufleben zu lassen, indem er die am Fuße der Rotwand entspringende Quelle in einer hölzernen Brunnenstube fasste.

Die gewünschten Effekte: Das fluorid-, sulfat-, calcium- und magnesiumhaltige Wasser kurbelt das Herz-Kreislaufsystem an, lindert rheumatische sowie chronische Entzündungen, Allergien und Erschöpfungszustände. Wirkt sich ebenso positiv auf Haut, Haare, Stoffwechsel, Immunsystem und Hormonhaushalt aus.
Und nicht zuletzt bietet das 2.000 qm große Wellness- und Gesundheitszentrum SPA Bad Moos viel Raum zum Relaxen.

Und dann dieser Blick: Rotwandspitze und Dreischusterspitze schauen auf das Hotel am Eingang des wildromantischen Fischleintales. Dahinter erheben sich auch gleich die berühmten Drei Zinnen. Und direkt neben dem Hotel startet die Seilbahn hinauf in Richtung Rotwandwiese.

Überhaupt lädt die Region das ganze Jahr über zum Erholen, zum Entspannen ein. So lockt im Sommer das einmalige Wander- und Klettergebiet. In der kalten Jahreszeit warten zwei Skigebiete auf der Rotwandwiese und dem Helm mit Loipen, Rodelbahnen und geräumten Winterwanderwegen auf bewegungshungrige Gäste. Und natürlich ist jederzeit das Rentiergehege auf der Rotwandwiese beliebter Anziehungspunkt.

Zwischen hoch aufragenden Felsen wandern

Unser Blick aber richtete sich zuerst auf das Fischleintal, auf gemütliches, entspannendes Wandern zur Talschlusshütte am Ende des Tales, wie der Name schon sagt.

Ich bin begeistert. Ganz klein komme ich mir zwischen dem massiven Gestein und ihren steil aufragenden Felsen vor. Mir erschlossen sich neue schöne Eindrücke, gerade für solche Laien, für „Flachlandtiroler“ wie mich besonders nachhaltig.

Was erst mögen Bergsteiger bei ihren Aufstiegen empfinden! Mir fallen die Worte des italienischen Bergsteigers und Emilio Comici mit stolzen 100 Erstbegehungen ein, der das so beschrieb:“… Mag einer einwenden, dass es keiner Kunst bedarf, um auf einen Felsen zu steigen, nur etwas Mutes.

Nein! Zu wissen, wie man den logischsten und elegantesten Weg entwirft, um einen Gipfel zu erreichen, das ist ein wirkliches und manchmal wunderbares Kunstwerk, Geist und Ästhetik, eingemeißelt in die Felsmauer, solange die Berge stehen.“
Die Chronisten vermerken in der Alpinisten-Geschichte, dass vor 200 Jahren die berühmtesten Bergsteiger Europas gerade hier zur Erschließung der Dolomiten aufbrachen.

In solche Gedanken versunken, fast nur beiläufig auf Flora und Fauna achtend erreichten wir wohl mehr gemächlich nach rund einer Stunde die anvisierte Talschlusshütte am Fuße des Einserkofel. Drinnen wie draußen lässt’s sich gut sitzen, bei den Südtiroler Gaumenfreuden und Schmankerl muss man einfach zugreifen. Übernachtung in gemütlichem Umfeld inbegriffen.

Überrascht hat mich schon der eigene kleine Kräutergarten für die Küche. Ich habe mehr als 13 verschiedene Gewürze gezählt. Muss aber gestehen, ich kannte sie nicht alle.

Auf zum „Sommermilchtraum“

Hinter diesem fast schon poetischen Namen verbirgt sich ein kleines kulinarisches Dorffest in Sexten. Von hiesigen, engagierten Bäuerinnen ins Leben gerufen, entwickelt es sich langsam zu einer Tradition, die wachsenden Zuspruch von den Ansässigen wie Touristen erfährt, erzählt uns Marika Tschurtschenthaler, die Chefin der Sextener Ortsgruppe der Südtiroler Bäuerinnenorganisation.

Sie und ihre Familien, Jung und alt, organisierten alles für Speis’ und Trank. Ob Hofkäserei Unteroltl, die alteingesessene Hofkäserei Sexten, Pizzeria Erich oder die „Sexter Plattlgietschn“ für die musikalische Umrahmung, alle waren mit Freude dabei.

Und es schmeckte sichtlich. Deftiges wie Süßes, von Käsehäppchen bis zum typischen, traditionellen Milchmus mit Zucker, Zimt und brauner Butter, verlockend natürlich der selbstgebackene Kuchen.

Mich faszinierte bei Anna Fuchs und Luise Treyer besonders der rund 80 Jahre alte Herd, noch heute fast auf jedem Berghof zu finden. Auch die riesige Pfanne, Durchmesser schätzungsweise 80 cm, zog die Blicke auf sich. Die Beiden kamen beim Zubereiten des Milchmus natürlich arg ins Schwitzen. Das beste Lob waren die anerkennenden Worte für den Schmaus. Über die Käserei Sexten erfuhren wir, dass diese Genossenschaft im Jahre 1926 gegründet wurde. Die gemeinsame Verarbeitung und Vermarktung der vorwiegend an den Hängen von Sexten produzierten Milch soll ein immer besseres Einkommen der Bauern sichern, aber auch heute noch ein Abwandern von den Berghöfen verhindern.

Einen kleinen Einblick in solch einen kleinstrukturierten Hof gewannen wir in der abgelegenen Hofkäserei Unteroltl. Andreas und Sonja Villgrater haben im Ziegenkäse ihre Nische gefunden. Andreas ist für Stall und Hof zuständig, Sonja verarbeitet die Milch der 33 Tiere der Rasse Deutsche Bunte Edelziege in fünf, sechs Ziegenkäsen.

Das Angebot im eigenen Hofladen wird gut nachgefragt, auch Hotels und Gaststätten sind Abnehmer, auf Märkten sowieso. Von der Qualität zeugen viele Urkunden. Und auch jetzt beim „Sommermilchtraum“ gingen ihre Käseteller weg wie warme Semmeln, wie der Berliner salopp sagt.

Jahrhundertealte Hutmacher-Tradition

In solch einem Südtiroler Original-Handwerk reinzuschnuppern, ließen wir uns nicht zweimal sagen. Bei ZACHER in Innichen wurden wir von Christina Haunold freundlich empfangen. Von ihr erfahren wir die Geschichte ihrer handgemachten Filzprodukte einer alten Südtiroler Handwerkskunst, die seit 1560 in ihrem Familienbetrieb von Generation zu Generation weiter getragen wird.

Nach alter Tradition wird hier echte Schurwolle mit Hilfe von Wasser, Dampf und Druck zu echtem Haunold-Walkfilz verfestigt. Wie ein Hut werden auch die Pantoffeln von Hand auf einen Leisten gezogen und geformt.

Zu festem Flies verdichtet man die Wollfliese in der historischen Hammerwalke, die schon seit 1901 unermüdlich im Dienst ist. Gelebtes Handwerk im Pustertal.
Gut sichtbar im Geschäft das breite Angebot. Damen-, Herren-, Kinderhüte für jeden Geschmack, große und kleine Assessoires für behagliches, gesundes Wohlgefühl.

All das konnten wir in Südtirol verinnerlichen und haben uns damit, die Berge vor uns und dann im Rücken, auf den Heimweg gen Berlin begeben.