Bei Lugners Krocha-Stelldichein wurde mit glühenden Sohlen im Battle um die Krocha-Ehre getanzt.

Fotos: DER STANDARD/Fischer

Den "Möchtegern-Oberkrocha" die Zunge zeigen, denn auch ohne Neonkappe kann man Krocha sein. Aber die Sonnenbrille ist fix.

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Sich "nicht genieren, egal was wir machen und was die anderen denken", lautet das einzige Krocha-Gebot.

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Wien - "Fix! Bam, Oida! Vienna's 1st kRocHa PaRty" Die grell pink-violetten Plakate sind in der Lugner City nicht zu übersehen. Am 2. Mai dringt lauter Techno aus dem Shoppingcenter, es ist klar: Die neue Jugendbewegung hat sich nach dem Medienhype fast offiziell zur dieser Party versammelt.

Auf der Bühne, zwischen den gigantischen Lautsprechern, bewegen sich die ersten Krocha zur Musik. Der Style- und Jumpstylecontest hat begonnen. Hinter den zappelnden Beinen und Händen sitzt die Jury. Mitunter "Lokalbesitzer" Richard Lugner oder auch die Miss Austria 2007, Christine Reiler.

Hunderte Krocha und Schaulustige sind auf drei Etagen verteilt. Wachsam beobachten sie die Kandidaten, einer davon ist Sladan Marinovic. Der 18-jährige Serbe läuft selbstbewusst über den Laufsteg, mit strahlendem Lächeln und noch strahlenderem Versace-Gürtel.

Von seinem Krocha-Styling und seiner Jumpstyle-Einlage angetan ist auch die scheinbar prominente Jury, die ihn schließlich zum Gewinner des ersten Krocha-Contests ernennt. Die Kosten für sein Outfit schätzt er auf 250 Euro. "Die Ed-Hardy-Kappe, die muss sein, und eine Brille auch. Zu Hause habe ich eine noch viel teurere, aber die hab ich unabsichtlich 'zerlegt'." Regelmäßig führe er sein Outfit in der Nachtschicht aus, obwohl er serbische Wurzeln habe und seine "Volksgenossen" eher im Nachtwerk anzutreffen seien.

"Willst du mich batteln?"

Die Krocha-Party in der Lugner City findet Sladan Marinovic "gut, aber eher zu spät", schließlich habe diese neue Jugendbewegung ihren Anfang bereits Mitte letzten Jahres in der Nachtschicht genommen (der SchülerStandard berichtete am 9. Oktober 2007).

"Früher hat es nur Partys mit Hypnotic-Scheiß gegeben, aber diese Party ist wirklich für Krocha!" Mitten im Interview stürmt ein Achtjähriger zu Sladan und fordert ihn mit den Worten "Willst mich batteln, Oida?" zu einem Kampf auf. Ohne eine Antwort abzuwarten, beginnt er in seine Richtung "loszukrochen". Der zehn Jahre jüngere Bub zeigt keinerlei Scheu. Sladan antwortet tanzend und richtet seine Aufmerksamkeit dann wieder auf das Interview. Er rückt seine Sonnenbrille zurecht und erklärt, dass man einen Krocha nicht genau definieren könne.

Das Gute an der Bewegung sei, dass "jeder sein eigenes Ding machen kann" und es keine Vorschriften gebe. Ein wichtiges Merkmal sei das Freestyling, und so "gibt es einige Leute die 'krochen', sich aber nicht so anziehen".

Die Musik läuft weiter, andere begeisterte Krocha haben sich auf der Bühne versammelt und geben ihr Bestes. Auch im Publikum können sich einige nicht zurückhalten und schwingen ebenfalls das Tanzbein. Eine davon ist die 17-jährige Riccarda Mahrer, eine "Krocharin", wie sie sich nennt. Durch Freunde sei sie das erste Mal mit der Krocha-Szene in Berührung gekommen. Nun ist sie selbst voller Elan dabei.

"Wir haben einfach alle 'Style'. Gerade die Mädchen können viel besser 'krochen' als die Buben. Wir haben einfach ein Rhythmusgefühl." Auch wenn die Anzahl der männlichen Besucher weit überwiegt, fühle sie sich nicht benachteiligt. Was Riccarda in den Medien oft über die Krocha zu lesen bekommt, sei ihrer Meinung nach selten richtig. "Wir sagen nicht nach jedem Satz 'Bam, Oida' oder 'Fix'."

"Möchtegern-Oberkrocha"

Natürlich gebe es einige, die es mit der Verwendung dieser Ausdrücke übertreiben, aber das seien größtenteils die "Möchtegern-Oberkrocha". "Wir Krocha genieren uns nicht, egal was wir machen oder was die anderen von uns halten." Das "Krocha-Sein" basiere im Wesentlichen auf dem Mut zur Selbstpräsentation.

"Die Mode ist unser Kennzeichen. Daran können wir gleich sehen, wer zu uns gehört." Dazu gehören insbesondere Miniröcke und Leggings. Dementsprechend trägt Riccarda schwarze Leggings mit einem Jeansrock und weiße Schuhe aus Kunstlackleder.

Ihren "Style" lässt sich die 17-Jährige einiges kosten. Verlegen gibt sie zu, rund 500 Euro, die Hälfte ihres Gehalts, pro Monat für ihr Krocha-Outfit auszugeben.

Allerdings ist das dazugehörige Styling keine Pflicht. Überall "krochen" Jugendliche zu DJ Stee Wee Bees Techno-Rhythmen. So sind die meisten der Meinung, dass das "Krochen" nur den Tanz bezeichnet. Das einzig Unerlässliche sei die Sonnenbrille, "die muss einfach sein".

Die Kappen machen lediglich den Stil aus und sind eine wechselnde Modeerscheinung, so waren früher Neonkappen "stylish", wurden jedoch schnell von Ed-Hardy-Kappen ersetzt. Dass die Krocha ebenso schnell verschwinden werden wie ihre Neonkappen, daran glaubt hier kaum jemand. (Ina Bauer Arian Lehner/DER STANDARD, Printausgabe, 6. Mai 2008)