Der tiefe Fall des Walter Schachner

Gepa
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Jahrelang galt der frühere Teamstürmer als heißeste Aktie auf dem heimischen Trainermarkt. Nun ist er nicht mehr gut genug für den Tabellenletzten.

KLAGENFURT(mfi). Es ist nichts Neues, dass bei Tabellenletzten signifikant öfter der Trainer, als ein Großteil der Spieler gefeuert wird. Dennoch kam die Entlassung von Walter Schachner als Trainer von Austria Kärnten letztlich überraschend. „Der Bruch zwischen Trainer und Mannschaft war nicht mehr zu kitten“, begründete Präsident Mario Canori die Entscheidung. Schachner sei nicht mehr mit dem notwendigen Herzblut bei der Sache gewesen, außerdem habe er einigen Spielern Privilegien gewährt.

Der (einstige) Erfolgscoach wurde hierzulande zwar schon einmal vorzeitig aus einem laufenden Vertrag entlassen, damals jedoch unter kuriosen Umständen: Austria-Mäzen Frank Stronach entschied sich im Herbst 2002, Schachner durch Christoph Daum zu ersetzen, obwohl der Steirer die Veilchen an die Tabellenspitze und zu einem klaren Erfolg über Donezk im Uefa-Cup geführt hatte.

Von Anfield bis München

Der Trainerkarriere des einstigen Teamstürmers sollte das keinen Abbruch tun – ganz im Gegenteil: Schachner heuerte wenige Tage später beim GAK an und formte aus dem Abstiegskandidaten einen Vizemeister, der lediglich von seinem früheren Arbeitgeber aus Wien-Favoriten distanziert wurde. Für den in seiner Ehre gekränkten Schachner hieß der Meister eigentlich GAK: Landauf, landab, ging er mit der sogenannten „Schoko-Tabelle“ hausieren, die bewies, dass er in seiner Zeit als GAK-Trainer mehr Punkte gemacht hatte, als Meister Austria unter Nachfolger Daum.

2003/2004 brauchte es solche Spitzfindigkeiten nicht mehr, die offizielle Bundesliga-Tabelle wies den GAK zum ersten und letzten Mal als Meister aus, Schachners Team sicherte sich letztlich gar das Double. Stronach war brüskiert, Schachner am Höhepunkt seines Wirkens. Der ganz große Wurf, der Einzug in die Champions League, blieb ihm gegen den späteren Sieger Liverpool trotz eines sensationellen 1:0-Erfolgs an der Anfield Road zwar verwehrt, doch seine Erfolge hatten sich längst bis über die Grenzen herumgesprochen.

Der glänzende Taktiker wurde fortan nicht nur als künftiger ÖFB-Teamchef, sondern auch als Trainerkandidat bei verschiedenen Klubs der deutschen Bundesliga gehandelt. Als sich Kontakte zu Stuttgart und Köln zerschlugen, wurde „Schoko“ ungeduldig. Was schließlich zu seinem ersten großen Fehler führen sollte: Er unterzeichnete im Jänner 2006 einen Kontrakt bei Zweitligist 1860 München, einem Klub voller Tradition, aber ohne Geld in den Kassen. Schachner blies erstmals in seiner Karriere Gegenwind ins Gesicht, der Aufstiegskandidat flirtete kurzfristig gar mit der Abstiegszone. Im März 2007 war das Abenteuer auch schon wieder beendet.

Von vielen wird die Zeit als Misserfolg gesehen, doch holte Schachner das Maximum aus den bescheidenen Möglichkeiten heraus. Eine zweite Chance in Deutschland hätte sich wohl ergeben, umso überraschender kam seine Rückkehr nach Kärnten, an jenen Ort, an dem er 2001 Cupsieger wurde. Wieder schätzte er die Lage falsch ein: Dem Klub aus der Retorte fehlt es an allem, vor allem aber an einer professionellen Führung. Extrem bitter, von ihr mit einem (verbalen) Fußtritt verabschiedet zu werden.

ZUR PERSON

Walter Schachner (*1. Februar 1957 in Leoben) stürmte als Aktiver 64x für das ÖFB-Team und erzielte dabei 23 Tore. Seine Vereinsstationen waren u. a.: DSV Alpine, Austria Wien, Cesena, Torino, Pisa, Avellino und Sturm Graz. Seine Trainerkarriere startete er beim FC Zeltweg. Es folgten der FC Kärnten (Cupsieg 2001), Austria Wien, GAK (Doublegewinn 2004), 1860 München und Austria Kärnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2007)

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