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Andalusit, Sillimanit, Disthen:
Drei Minerale, eine Formel: Al2SiO5

Die drei Minerale Andalusit, Sillimanit und Disthen sind Trimorphe. Das bedeutet, dass es drei verschiedene Minerale mit identischer chemischer Zusammensetzung gibt (Trimorph = „drei Formen, Gestalten“). Es hängt allein vom Druck und der Temperatur ab, welches Mineral entsteht.
Stabilitätsfelder von Andalusit, Sillimanit, Disthen
Das Diagramm zeigt die Stabilitätsfelder der drei Minerale. Der Tripelpunkt, an dem alle drei gleichzeitig vorkommen, liegt bei etwa 3,8 kbar und 500°C. (Die Angaben unterscheiden sich in der Literatur ein wenig.)

Andalusit ist das typische Mineral der Kontaktmetamorphose, die bei eher niedrigem Druck und mäßig hohen Temperaturen abläuft. Kontaktmetamorphose bedeutet, dass vorhandene Gesteine oder Ablagerungen durch aufsteigendes Magma lokal erhitzt werden und sich dabei neue Minerale bilden.
Sillimanit ist das Hochtemperatur-Mineral dieser Dreiergruppe, das auch bei beträchtlichem Druck bis zu einer Tiefe von etwa 40 km noch stabil ist.
Die dritte Form - Disthen - ist an hohen Druck angepasst und kommt vor allem in Hochdruckgesteinen wie Eklogit oder Granulit vor.

Unter günstigen Umständen kann ein Gestein zwei oder sogar alle drei Minerale gleichzeitig enthalten. Das ist der Fall, wenn Druck und Temperatur bei der Bildung des Gesteins im Bereich benachbarter Stabilitätsfelder lagen. Findet man beispielsweise Disthen und Sillimanit nebeneinander, lagen die Bildungsbedingungen entlang der Linie, die beim Tripelpunkt beginnt und sich nach unten fortsetzt. Kommen alle drei Minerale gleichzeitig vor, wurde das Gestein in der Nähe des Tripelpunktes gebildet.
Im skandinavischen Geschiebe sind diese drei Minerale ganz unterschiedlich vertreten. Andalusit und Disthen sind selten, während Sillimanit deutlicher häufiger in den granatführenden Gneisen vorkommt. Die Metasedimente Skandinaviens erlebten größtenteils eine Hochtemperatur-Metamorphose bei nur mäßigem Druck. Bedingungen also, die die Bildung von Sillimanit unterstützen. Fast immer sind es svekofennische Gneise, die aus Südost- und Mittelschweden und der nördlichen Ostsee kommen.

Sillimanit (Al2SiO5)

Sillimanit bildet schlanke, nadelige Kristalle, oft in dichten und filzigen Massen.
Sillimanit ist durchsichtig oder transparent, kann aber auch weißlich oder gelblich aussehen und glänzt stark auf Spaltflächen. Die ersten drei Bilder zeigen die winzigen Sillimanitnadeln aus der Nähe.
Sillimanit

Sillimanit

Sillimanit

Sillimanitkristalle sind meist nur einige Millimeter lang, einige Zehntel Millimeter breit und oft quer gebrochen. Um die Kristalle zu sehen, muss man die Gesteine aufspalten, denn auf abgerollten Steinen sind die kleinen Silliamanitnadeln meist beschädigt oder abgerieben. Wenn sie allerdings geschützt in Vertiefungen liegen, dann findet man Sillimanit auch auf Außenseiten.

Sillimanit bildet in Gneisen weißliche Lagen, die parallel zur Deformation orientiert und leicht gewellt sind. Diese Gneise enthalten meist auch Granat.
(Im folgenden Bildpaar ist der Gneis links um 90° gedreht.)
Sillimanit in GneisSillimanitführender Gneis

Dazu noch zwei Beispiele:
Sillimanit-Granatgneis

(Vergrößerung ohne Beschriftung)
Das Bild hier oben zeigt einen Ausschnitt aus einem metergroßen Geschiebe, das ich an einem Parkplatz an der A20 fotografiert habe. (Koordinaten: N 53.81575 E 10.87737)

Sillimanit-Granatgneis
In all diesen Granatgneisen erkennt man die weißlichen Sillimanitlagen. Spaltet man so einen Gneis, findet man richtige Nester mit Sillimanitkristallen - so wie oben in den Nahaufnahmen.

Das folgende Geschiebe liegt in Strande, am Westufer der Kieler Förde.
migmatitischer Gneis mit Sillimanit bei Strande, Kieler Fördemigmatitischer Gneis mit Sillimanit bei Strande, Kieler Förde
Auch dieses Geschiebe enthält viel Sillimanit. Um die Kristalle zu sehen, müsste man eigentlich diesen Brocken zerteilen. Das scheidet aber nicht nur aus, weil dieser Gneis viel zu groß ist, sondern vor allem, weil er Teil der Uferbefestigung an der Kieler Förde ist. Steine, die dem Küstenschutz dienen, bleiben so, wie sie sind. Ohne Ausnahme und sie werden auch nicht bewegt. Küstenschutz geht immer vor.

Wer sich granatführende Gneise genau anschaut, wird über kurz oder lang Sillimanit finden. Wenn die Kristalle an der Oberfläche von Geschieben beschädigt sind, so lohnt es sich, auch in den geschützten Vertiefungen zu suchen. Ein Gneis wie dieser hier ist ein guter Kandidat für Sillimanit.
Sillimanit im Gneis

In seltenen Fällen kommt Sillimanit auch in gesteinsbildender Menge vor wie im Handstück unten. Ich fand es auf einer Halde in Falun, unmittelbar neben dem Einsturzkessel der historischen Kupfergrube. (Das graue Mineral ist Quarz.)
Siilimanit aus FalunSiilimanit aus Falun

Disthen (Al2SiO5)

Von den drei Mineralen dieser Gruppe ist Disthen die Hochdruckform. Seinen Namen bekam es wegen seiner zwei verschiedenen Härten, die von der Ritzrichtung abhängen. (Di = zweifach, stenos = Widerstand.) Disthenkristalle haben in Längsrichtung eine Härte von etwa 4,5, quer dazu aber 6-7.
Die Spaltbarkeit ist senkrecht zur Längsachse gut, der Bruch ist splittrig.
Der alternative Name „Kyanit“ (Cyanit) bezieht sich auf die meist blaue Farbe des Minerals (kyanos = blau). Vereinzelt wurden allerdings auch grünliche und rötliche Färbungen beschrieben. Im Idealfall bildet Disthen länglich-schlanke Prismen wie in dem folgenden Gestein aus dem Tessin. (Das braune Mineral ist Staurolith, auf den ich hier nicht eingehe.)
Disthen, StaurolithDisthen, Kyanit

So schöne Kristalle sind die Ausnahme. Meist findet man Disthen formlos-körnig im Gestein eingewachsen. Ein Amateur wird es ausschließlich an seiner blauen Farbe erkennen, sofern das einbettende Gestein zweifelsfrei metamorph ist. Realistisch ist also, zuerst ein Gestein als Eklogit oder als Granulit zu erkennen und anschließend mit Glück darin kleine blaue Körnchen zu finden. Diese kann man dann als „vermutlich Disthen“ ansprechen. Zur Illustration dieser beiden Gesteinstypen hier unterhalb ein disthenführender Granulit aus Sachsen und ein Eklogit aus Norwegen.
Disthen in Granulit aus dem Granulitgebirge

Disthen (Kyanite) in eclogite
(Vergrößerung ohne Beschriftung)
Der Granulit kommt aus Röhrsdorf bei Chemnitz, der Eklogit aus Verpeneset am Sognefjord in Norwegen.

In Franken, in der Umgebung von Stammbach, gibt es ebenfalls diverse Eklogitvorkommen. Auf Äckern gefundene Disthenstücke belegen, dass dieses Mineral dort an einigen Stellen unter dem Ackerboden ansteht.
Disthen, Kyanit aus OberfrankenRetroeklogit mit Disthen
Das rechte Bild zeigt ein disthenreiches Gestein aus Südwestschweden. Dort gibt es in der Region Halland mehrere kleine Vorkommen von Retroeklogit. Als Retroeklogit bezeichnet man einen in Rückbildung begriffenen Eklogit, der bereits einen Teil seines typischen Gefüges verloren hat. Im Handstück hier ist der Omphacit weitgehend zersetzt. Erkennbar sind vor allem Granat und Disthen, der auf der angefeuchteten Bruchfläche blassblau erscheint.
Als Geschiebe sind disthenführende Retroeklogite überaus selten und am ehesten noch in Dänemark zu finden. Seeland bietet wegen der Nähe zum Herkunftsgebiet der Gesteine vermutlich die besten Voraussetzungen.

Ein an Disthen besonders reiches und deshalb sehr auffälliges Gestein ist der folgende Quarzit. Auch er stammt aus Schweden.
DisthenquarzitDisthenquarzit
Dieses Gestein enthält so viel Disthen, dass es als Ganzes hellblau aussieht. Besonders intensiv gefärbte Partien enthalten bis zu 40 % Disthen. (Das dunkle Mineral darin ist Rutil.)
Das Vorkommen liegt nördlich vom Vänernsee und ist klein, es misst kaum einige Kilometer in der Länge und nur wenige hundert Meter in der Breite. Geschiebe sind in Deutschland prinzipiell möglich, mir ist jedoch kein einziger Fund bekannt.

Andalusit (Al2SiO5)

Andalusit ist das typische Mineral der Kontaktmetamorphose in tonigen Sedimenten. Seine Färbung variiert zwischen braun, gelblich oder rötlich, es hat eine gute Spaltbarkeit und eine Härte von 7 bei uneben-splittrigem Bruch. Andalusit kann idiomorphe, langgestreckte Kristalle ebenso wie gedrungene Formen bilden oder auch xenomorph auftreten.
Von den drei miteinander verwandten Mineralen ist Andalusit für einen Amateur am schwierigsten zu bestimmen. Wirklich verlässlich ist das nur mit einem Dünnschliff möglich, der aber in der Regel nicht zur Verfügung steht.
Eine Ausnahme sind dunkle, metamorphe Schiefer, sofern diese Chiastolithkristalle enthalten. Als Chiastolith bezeichnet man Andalusitkristalle, die in ihrem Inneren dunkles Material einlagern. Bei ausreichender Größe zeigen diese Kristalle dann im Querschnitt ein dunkles Kreuz im Kern. Diese Andalusitvariante ist als einzige makroskopisch sicher erkennbar.
Wenn Sie das folgende Bild vergrößern, sind die dunklen Kerne bei einigen Kristallen im oberen Teil des Bildes erkennbar.
Andalusit, Chiastolith

Unter günstigen Umständen bildet Andalusit gedrungene, fast würfelförmige Kristalle.
AndalusitAndalusit

Mit welch unterschiedlichem Aussehen Andalusit vorkommen kann, zeigt das folgende Handstück. Es stammt aus einem Straßenaufschluss einige Kilometer südlich von Västervik in Südostschweden. Das Gestein ist ein Metasediment, das aus sandig-tonigen Ablagerungen entstand. Es gehört zu den Quarziten bzw. Granofelsen, die in der Umgebung von Västervik anstehen. Solche Gesteine enthalten Quarz, Feldspäte und auch Biotit, Cordierit oder Sillimanit, je nach der Zusammensetzung der ursprünglichen Ablagerungen. Auch die Gesteine bei Västervik unterlagen bei mäßigem Druck einer Hochtemperatur-Metamorphose, ähnlich den bereits erwähnten Gneisen.
Andalusit in Västervik-MetasedimentAndalusit in Västervik-Metasediment
Diese Probe hier fiel mir aber wegen der kleinen gelbbraunen Flecken auf. Günstige Umstände ermöglichten einen Dünnschliff und das gelbbraune Mineral erwies sich in der Tat als Andalusit. Daraus kann man ableiten, dass innerhalb der Metasedimente dort an einigen Stellen die Temperaturen niedrig genug waren, um Andalusit an Stelle von Sillimanit entstehen zu lassen.
So ein Beispiel erlaubt es aber nicht, ähnlich gefärbte Minerale ohne weiteres als Andalusit zu bezeichnen. Dazu muss der metamorphe Charakter des Gesteins sicher sein und es sollte sich zur Bestätigung eine Laboruntersuchung anschließen. Bei Gesteinen, die ohne Ortsbezug gefunden werden (also alle Geschiebe), ist besondere Zurückhaltung angesagt, wenn es um Andalusit geht.

 


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