Es wurde erst spät entdeckt und galt bereits in der freien Wildbahn als ausgestorben – das Przewalski-Pferd. Kein Wunder also, dass sich viele Mythen um die angeblich letzten Wildpferde der Erde ranken. pferde.de hat 7 spannende Fakten zu den „heiligen Pferden Asiens“.
Das Przewalski-Pferd ist mehr als ein Pferd. Es ist ein Symbol für Weite, Unzähmbarkeit und Freiheit. Denn die Takhis, wie sie auch genannt werden, sind bis heute wild und ungezähmt geblieben. Das macht ihre ganz besondere Faszination aus. Wenn Du mehr über die „heiligen Pferde Asiens“ wissen möchtest – hier kommt das etwas andere Rasseporträt:
1. Die letzten Wildpferde?
Amerikanische Mustangs, australische Brumbies oder die Dülmener Wildpferde – sie alle leben wild. Aber: Sie haben Hauspferde aus Vorfahren. Deshalb gelten sie nicht als „echte“ Wildpferde. Den Ruf als letztes Wildpferd der Erde hat dagegen das Przewalski-Pferd.
Eine Studie aus dem Jahr 2018 stellt diesen Status allerdings infrage. Denn bei Ausgrabungen in Kasachstan fanden Forscher auch über 5.000 Jahre alte Pferdeknochen von Botai-Pferden. Sie galten als Urahnen aller Hauspferde, da das Volk der Botai erstmals Pferde zähmte. Es folgte eine aufwändige Analyse, an der 47 Forscher von 28 Institutionen weltweit beteiligt waren. Sie verglichen die Genome von 88 historischen und modernen Pferden.
Ergebnis: Die Pferde der Botai waren die Vorfahren der Przewalski-Pferde. „Das war eine Riesenüberraschung“, so Sandra Olsen von der University of Kansas, Mitautorin der Studie. Stammen also auch Przewalski-Pferde von domestizierten Pferden ab? Ganz einig ist man sich darüber noch nicht, denn ob die Botai-Pferde wirklich gezähmt waren, ist bis heute unklar.
2. Przewalski-Pferd: die „Heiligen Asiens“
Die Geschichte vom Przewalski-Pferd ist mit vielen Mythen und Legenden umgeben. Bereits 900 nach Christus soll ein tibetanischer Mönch das erste Przewalski-Pferd beschrieben haben. In der Mongolei heißen die Pferde Takhi, was übersetzt Geist bedeutet.
Der Legende nach soll sogar Dschingis Khan sie gekannt haben. Im Jahr 1226 soll er eine Herde Przewalski-Pferde getroffen haben. Dabei scheute sein Pferd – und der als begnadeter Reiter geltende mongolische Herrscher fiel runter…
Über Jahrhunderte lebten das Przewalski-Pferd unbehelligt, unbeobachtet – und unbewiesen. In wenigen Schriften tauchen sie auf. Eine der wenigen Ausnahmen war der schottische Arzt John Bell. Er reiste in den 1760er Jahren von Russland nach China. In seinen Tagebüchern erwähnte er auch die Przewalski-Pferde. Knapp 80 Jahre später tauchten sie wieder auf: Ein britischer Naturforscher erwähnt die Pferde in seinem Werk. Und doch waren sie bis dahin vor allem eins – eine unbestätigte Legende.
Das änderte sich Ende des 19. Jahrhunderts. Der russische Offizier und Forschungsreisende Nikolai Przewalski entdeckte in der westlichen Mongolei ein lebendes Przewalski Pferd. Kurz darauf bekam er an einem russischen Grenzposten Haut und Skeletteile von Pferden, die Soldaten dort geschossen hatten. Nach seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg übergab er diese Häute und Skeletteile dem zoologischen Museum. Dort wurde das Pferd dann beschrieben und nach seinem „Entdecker“ benannt.
3. Natürliche Feinde? Vor allem der Mensch…
Früher lebten Przewalski-Pferde in allen Steppen Zentralasiens. Doch dann kam der Mensch und verdrängte die wildlebenden Pferde aus den fruchtbaren Gebieten. Am Ende blieb den Pferden vor allem die Dschungarei, ein Gebiet in der Mongolei, das an die Wüste Gobi grenzt. Die Lebensbedingungen dort sind hart: Im Sommer über 40 Grad, im Winter Minus 15 Grad – und dazu kaum Pflanzen. Doch die robusten Pferde passten sich auch dieser Umgebung an. Bis der Mensch ihnen nicht einmal mehr die letzte Freiheit ließ…
Denn nun wurden die Przewalski-Pferde gejagt, zerlegt und gegessen. Dazu wurden die Steppen in Weideland für Schafe und Rinder umgewandelt. Die Folge: In den späten 1950er Jahren waren nur noch zwölf einzelne Przewalski-Pferde übrig. Das letzte freilebende Wildpferd wurde 1968 in der Mongolei gesichtet. Seitdem gilt das Przewalski-Pferd in der freien Natur als ausgestorben.
4. Zoos retten das Przewalski-Pferd
Während sie in freier Wildbahn immer mehr verdrängt wurden, entwickelten sich Przewalski-Pferde als begehrte „Sammel-Objekte“. Zwischen 1899 und 1904 wurden Jagdexpeditionen organisiert und private Tiersammler fingen zum Beispiel einige Fohlen. So kamen auch einige Pferde in Tierparks und Zoos.
Doch die Zucht in Gefangenschaft lief nicht gut – zu wenig war über die Wildpferde bekannt. Und so gab es kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs gerade noch 30 Przewalski-Pferde. Nur im Prager Zoo und dem Münchner Tierpark Hellabrunn kamen noch Fohlen zur Welt. Und die Pferde fanden engagierte Fürsprecher, die Zuchtprogramme unterstützen – mit Erfolg. 1959 wurde ein Zuchtbuch etabliert. Das internationale Zuchtbuch wird heute in Prag geführt, das Zuchtbuch vom Europäischen Erhaltungszuchtprogramm führt der Zoo Köln.
5. Rückkehr in die Wildnis – auch in Deutschland
Ziel der Zuchtprogramme ist längst nicht mehr die reine Erhaltung der Rasse. Schnell war klar: Die Pferde sollen auch wieder in Freiheit in der Steppe leben können. Daher wurde bei der Zucht darauf geachtet, dass die Pferde wieder robuster werden. 1992 war es dann so weit: Die ersten Pferde wurden von der Schweiz in die Mongolei gebracht. Dort leben sie in dem Schutzgebiet „Great Gobi B2“. Im Jahr 2020 wurde dort das 300. Przewalski-Pferd gezählt.
Und auch in Deutschland gibt es kleinere Zucht- und Auswilderungsprogramme:
- Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide vor den Toren Berlins
- Stadtwald Augsburg, als Teil des Projekts „Weidelandschaft Augsburg“
- Przewalski-Wildpferd-Gehege Erlangen-Tennenlohe
- Wildpferde-Reservat Campo Pond in Hanau
- Erlebnispfad „Nationales Naturerbe Aschaffenburg“
6. Przewalski-Pferd jetzt auch als Klon
Um die Rasse zu retten, gehen Forscher auch ungewöhnliche Wege. Zwar gibt es mittlerweile rund 2.000 Przewalski-Pferde in Zoos und Wildtierreservaten auf der Welt. Aber: Sie alle stammen von zwölf in freier Wildbahn geborenen Pferden ab. Heißt: Die Erhaltungszucht konnte zwar die Rasse erhalten – aber verlor dabei die genetische Vielfalt.
Das wollte das US-amerikanische „Smithsonian Conservation Biology Institute“ ändern – durch künstliche Befruchtung. Sieben Jahre lang versuchten sie einen Klon zu produzieren, dann endlich kam Kurt. Das Besondere an ihm: Er wurde aus einer Zelllinie geklont, die bereits seit 40 Jahren in der genetischen Datenbank „San Diego Frozen Zoo“ lagerte. „Wir gehen davon aus, dass dieses Hengstfohlen eines der genetisch wichtigsten Individuen seiner Spezies ist“, sagte Dr. Wiese, leitender Biowissenschaftler des San Diego Zoos, wie „9News“ berichtete.
7. Przewalski-Pferd – das etwas andere Pferd
Przewalski-Pferde unterscheiden sich deutlich von unseren Hauspferden. So haben sie zum Beispiel einen Brustwirbel mehr. Und auch beim Fellwechsel sind sie „engagierter“ als unsere Pferde: Sie tauschen dann nämlich auch die Mähnenhaare mit aus.
Zu den auffälligsten optischen Unterschieden gehört auch, dass der Schopf auf der Stirn beim Przewalski-Pferd meist ganz fehlt. Dafür haben diese Pferde den Aalstrich und ihre Beine sind meist zum Teil schwarz, manchmal haben sie dunkle Streifen.
Als wildlebende Pferde sind sie auch robuster – und sehr anpassungsfähig. Wie gut sie auch in widrigen Umständen überleben können, zeigen Przewalski-Pferde in Russland. Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl wurde dort eine Sperrzone eingerichtet. Wissenschaftler kamen dann auf die Idee, dass sie dort Przewalski-Pferde ansiedeln wollen.
31 Tiere wurden hingebracht. Zuerst schien das Experiment zu scheitern: Einige Tiere starben durch die Strapazen des Transports, andere konnten sich an die neue Umgebung nicht gewöhnen. Doch die restlichen Pferde lebten sich ein – und vermehrten sich. Aktuell wird geschätzt, dass rund 100 Pferde dort leben.