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Urzeitgigant Wie konnte der größte Flugsaurier der Erde fliegen?

Er wog 250 Kilogramm, seine Spannweite maß zwölf Meter: Eine neue Studie zeigt, wie es dem größten Flugsaurier aller Zeiten gelungen sein könnte abzuheben.
Vermutlich gab es in der gesamten Erdgeschichte nie ein größeres Tier als den Quetzalcoatlus, das durch die Luft geflogen ist

Vermutlich gab es in der gesamten Erdgeschichte nie ein größeres Tier als den Quetzalcoatlus, das durch die Luft geflogen ist

Foto: Elena Duvernay / Stocktrek Images / Getty Images

Wie konnte ein Saurier, der 250 Kilogramm wiegt, fliegen? Diese Frage treibt Wissenschaftlerinnen und Paläontologen um, seit der Quetzalcoatlus northropi in den Siebzigerjahren erstmals beschrieben wurde.

Nun haben Forscher aus den USA eine Analyse aller bisher gefundenen Knochen des Urzeitgiganten und einer kleineren verwandten Art aus der Quetzalcoatlus-Gattung veröffentlicht. Erschienen ist die Studie, die aus mehreren Artikeln besteht, in der Fachzeitschrift »Journal of Vertebrate Paleontology«. 

Der Quetzalcoatlus ist ein Vertreter der Gruppe der Pterosaurier, der Flugsaurier. Seine Flügelspannweite könnte bis zu zwölf Meter betragen haben.

Ein Sprung in drei Meter Höhe – oder weiter

Die Autoren der Studie stellen die Hypothese auf: Womöglich sprang der Quetzalcoatlus drei Meter – oder höher – in die Luft, um dann flügelschlagend abzuheben.

Zweifel daran, dass Saurier dieser Gruppe fliegen konnten, haben die Forschenden nicht: »Pterosaurier haben riesige Brustbeine, an denen die Flugmuskeln ansetzen, sodass es keinen Zweifel daran gibt, dass sie hervorragende Flieger waren«, sagte Kevin Padian, emeritierter Professor an der University of California in Berkeley.

Ein großer Teil des Körpergewichts des Sauriers habe auf die Flugmuskulatur entfallen müssen, heißt es in der Untersuchung außerdem. Bei Tieren der kleineren Art mit einem Gewicht von bis zu 70 Kilogramm entfielen 14 Kilogramm auf die Flugmuskulatur, bei der großen Art waren es womöglich 50 Kilogramm Flugmuskulatur bei 250 Kilogramm Gesamtgewicht.

Wie startet so ein Tier in die Luft?

Schon in der Vergangenheit äußerten Forscherinnen und Forscher Hypothesen dazu, wie sich der Quetzalcoatlus northropi in die Luft geschwungen haben konnte: Vermutet wurde zum Beispiel, dass er nur von einer Klippe aus in die Luft starten konnte. Oder, dass er ähnlich wie ein Albatros durch Laufen und Flattern die nötige Geschwindigkeit aufbaute.

Andere Wissenschaftler gingen davon aus, dass sich die Flugsaurier – vergleichbar mit bestimmten Fledertieren – auf Vorder- und Hintergliedmaßen stellten, um in die Lüfte zu starten. Dabei hätten seine zu Flügeln geformten Vordergliedmaßen den Boden berührt.

Auch die These, dass der Quetzalcoatlus einfach zu schwer gewesen sei, um bei Windstille fliegen zu können, war geäußert worden.

Womöglich ernährte sich der Quetzalcoatlus von Krebsen, Würmern und Muscheln

Womöglich ernährte sich der Quetzalcoatlus von Krebsen, Würmern und Muscheln

Foto: Mark Stevenson / Stocktrek Images / Getty Images

In der aktuellen Studie heißt es nun: Ein Start nur mithilfe der Hintergliedmaßen erscheine plausibel. Das Verhältnis der Hintergliedmaßen zur Rumpflänge sei beim Quetzalcoatlus northropi unter allen bekannten Flugsauriern am größten. Einen ähnlichen »Sprungstart« nutzen Reiher heute noch.

Und auch zum Verhalten eines anderen heute lebenden Vogels ließen sich Parallelen ziehen: Wahrscheinlich nutzte der Quetzalcoatlus, wenn er einmal losgeflogen war, thermische Aufwinde, um mühelos durch die Luft zu segeln – so, wie es heute der Kondor tut.

Zeugen einer Zeit von vor 70 Millionen Jahren

Die Knochen, die die Forschenden untersuchten, stammen aus dem sogenannten Big Bend, einer Region am Rio Grande im Südwesten von Texas. Während von der großen Art, dem Quetzalcoatlus northropi, nur etwa ein Dutzend Knochen bekannt sind, gibt es von der kleineren, dem Quetzalcoatlus lawsoni, Hunderte Fossilien.

Beide Quetzalcoatlus-Arten lebten den Analysen zufolge vor etwa 70 Millionen Jahren, als die Region des Big Bend noch ein immergrüner Wald war, und nicht – wie heute – Wüste. Denkbar sei aufgrund ihrer Schnabelform, dass die Flugsaurier an Flüssen und Seen jagten und mit ihren langen, zahnlosen Kiefern Krebse, Würmer und Muscheln aus dem Boden heraussiebten.

vki/dpa